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212 Prozent mehr

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Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung findet in doppelter Gestalt ihren rechnerischen Ausdruck: einerseits in der Größe des Sozialprodukts (genauer: des Nettosozialprodukts zu Faktorkosten), anderseits in der Größe des Volkseinkommens. Das ermittelte Nettosozialprodukt weist auf die Neuwertschöpfung einer Volkswirtschaft in einer bestimmten Periode hin; das Volkseinkommen wiederum umfaßt die Summe der Leistungseinkommen aller am Produktionsprozeß einer Volkswirtschaft beteiligten Produktionsfaktoren. Es sind dies Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer und die Gewinne der Unternehmer, Kapitalbesitzer und Körperschaften.

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Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung findet in doppelter Gestalt ihren rechnerischen Ausdruck: einerseits in der Größe des Sozialprodukts (genauer: des Nettosozialprodukts zu Faktorkosten), anderseits in der Größe des Volkseinkommens. Das ermittelte Nettosozialprodukt weist auf die Neuwertschöpfung einer Volkswirtschaft in einer bestimmten Periode hin; das Volkseinkommen wiederum umfaßt die Summe der Leistungseinkommen aller am Produktionsprozeß einer Volkswirtschaft beteiligten Produktionsfaktoren. Es sind dies Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer und die Gewinne der Unternehmer, Kapitalbesitzer und Körperschaften.

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Vor wenigen Tagen legten das Österreichische Statistische Zentiral- amrt und das Österreichische Institut für Wdirtscbaftstforschung das Ergebnis einer Koproduktion vor: die Neuberechnung des österreichischen Volkseinkommens für die Jahre von 1954 bis 1968.

Als Realgröße ausgedirückt, ist das Volkseinkommen die unbestritten beste Gtröße zur Messung des wirtschaftlichen Wohlstandes beziehungsweise des wirtschaftlichen Fortschritts eines Landes.

Das Brutto-Nationialprodukt der österreichischen Volkswirtschaft war 1968 mit 302,2 Mrd. Schilling nominell 3,2mal so groß wie 1954 (93,6 Mrd. Schilling). Da es sich im gleichen Zeitraum real mehr als verdoppelt hat (+ 103 Prozent), entfiel etwas mehr als ein Drittel des nominellen Zuwachses auf Preissteigerungen (+ 59 Prozent). Die Relation vom finanzieller Stabilität zu Wirtschaftlichem Wachstum war in den Jahren zwischen 1954 und 1968 nur dm wenigen Industriestaaten (in der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel) so gün stig wie in Österreich. Im Durchschnitt der gesamten Beobachtungs- Periode wuchs das Brutto-Naitional- produkt real um 5,2 Prozent jährlich. Die neue Valksedimkammens- rechmung korrigiert damit die bislang ausgewiesene Wachstumsrate um + 0,2 Prozent.

Die reale Wachstumsrate schwankte in den einzelnen Jahren zwischen

2.6 Prozent (1962) und 11,1 Prozent

(1955). Selbst in den Jahren schwacher internationaler ökonomischer Aktivität (1958, 1962 und 1967) erzielte Österreich noch Wiachsitums- raten um 3 Prozent. In den sechziger Jahren wurde dar ökonomische Expansionsprozeß geringfügig schwächer. Es wurden in den Jahren 1962 und 1967 Wachstumsraten von runter 3 Prozent erzielt, die Aufschwungphasen wurden flacher unid die Überhitzungserscheinungen blieben aus. Im Jahr 1964 wurde mit 6,2 Prozent die höchste Wachstumsrate des vergangenen Jahrzehnts registriert. Gerade die äußerst hohe Wachstumsrate im vergangenen Jahr (8,1 Prozent) läßt erwarten, daß Österreichs Wirtschaft in den siebziger Jahren wieder in eine Phase rascher wirtschaftlicher Expansion geraten wird. Dafür spricht nicht zuletzt die etwas günstigere Erwerbsquote als in den sechziger Jahren.

Bevölkerung und Beschäftigung nahmen von 1954 bis 1968 nur wenig zu (rund 5 Prozent), so daß das Pro- Kopf-Wachstum nicht viel hinter dem globaliem Wachstum zurückblieb. 1968 erreichte das nominelle Bruttonationalprodukt je Einwohner 41.100 Schilling und je Beschäftigten 94.600 Schilling; die Vergleichsweise im Jahr 1954 betrugen 13.500 Schilling bzw. 29.950 Schilling Als einziges westeuropäisches Industrieland erzielte Italien in der Beob- aohtungsperiode etwas bessere Wachstumsergebnisse als Österreich. Die expansivsten Wirtschaftszweige waren im Zeitraum 1954 bis 1968 der Banken- und Versicherungssektor (real + 193 Prozent oder 8 Prozent jährlich), Elektrizität, Gas, Wasser (+ 183 Prozent oder

7.7 Prozent jährlich), und das Baugewerbe (mit 182 Prozent oder

7.7 Prozent jährlich). Überdurchschnittlich wuchsen noch der Handel und die Industrie; zurück blieben das verarbeitende Gewerbe, die privaten und die öffentlichen Dienstleistungen sowie die Land- und Forstwirtschaft, deren schwaches Wachstum allerdings von einem kräftigen Schrumpfen ihres Arbaits- potentials (minus 39 Prozent) begleitet war.

Die Entwicklung der Einkommen

Das Volkseinkommen stieg von 1954 bis 1968 von 72,4 Mrd. Schilling auf 225,5 Mrd. Schilling, das heißt um 212 Prozent oder 8,5 Prozent jährlich. 1954 betrug es pro Kopf der Bevölkerung

10.400 Schilling, 1968 betrug es bereits 30.700 Schilling. Es wuchs damit nominell um 8 Prozent jährlich. In Österreich stieg im Zeitraum von 1954 bis 1968 die Lohn- und Gehaltssumme um 249 Prozent (9,3 Prozent jährlich) von 42,9 Mrd. Schilling auf 149,9 Mrd. Schüling, ihr Anteil am Volkseinkommen erhöhte sich von 59,3 Prozent auf 66,5 Prozent. Die Unternehmer- und Besitzeinkommen erhöhten sich insgesamt um 166 Prozent (7,2 Prozent jährlich) von 29,5 Mrd. Schilling auf 78,3 Mrd. Schilling. Die däfin enthaltenen unverteilten Gewinne der Kapitalgesellschaften wuchsen etwa gleich ištark. Die Zunahme der Lohnquote am Volkseinkommen ist freilich nicht die Folge einer tiefergreifenden funktionalen Umverteilung, sondern vor allem eine Folge von Veränderungen in der Eirwerbsstruktur. Das Ausscheiden vieler Kleingewerbetreibender und Bauern bewirkte, daß eine zwar fallende Gewinnquote auf insgesamt weniger Unternehmer verteilt ist. Auf keinen Fall ist die Entwicklung der funktionalen Einkommensverteilung zwischen 1954 und 1968 in Österreich eine Rechtfertigung für jene, die meinen, an aktiver Ein- kommensumverteUungspblitik sei hierzulande bereits genug getan,

und sich dabei auf die Entwicklung der Volkseinkommen zwischen 1954 und 1968 berufen. Im übrigen bestätigt die Volkseinkommensrechnung für den Beobachtungszedtraum, daß selbst eine unter Bedachtnahme auf verteilungspolitische Aspekte modifizierte produktivdtätsorientierte Lohnpolitik an der Konstanz der funktionellen Verteiiungsquote wenig ändert.

Von den Unternehmereinkommen entwickelten sich die Agraraimkom- men unterdurchschnittlich, die unverteilten Gewinne der Kapitalgesellschaften durchschnittlich und die Einkommen aus Gewerbebetrieben und freien Berufen überdurchschnittlich. Am raschesten wuchsen jiedoch die Biesitzeinkom- men, hauptsächlich deshalb, weil die privaten Haushalte zunehmend sparten und ihre Ersparnisse ertrag- bildend anlegten. Die erheblich gestiegene Sparrate ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß Kleinsparer vom kurzfristigen Sparen zum höher verzinsten, mittelfristigen, gebundenen Sparen übergegangen sind und zudem moderne Sparformen, wie das Prämien- und Wentpapiersparem, mehr und mehr Anhänger auch in den Airbeit- nehmerhausbalten finden.

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