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40 Jahre Strom aus öffentlicher Hand
Vor 40 Jahren, am 26. März 1947, beschloß der Nationalrat mit dem Zweiten Verstaatlichungsgesetz eine Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft. „Bis zum letzten Hof“ sollte Österreich mit Strom versorgt werden. Heute stellt sich die Frage: Sind die damals beschlossenen Richtlinien noch zeitgemäß?
Vor 40 Jahren, am 26. März 1947, beschloß der Nationalrat mit dem Zweiten Verstaatlichungsgesetz eine Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft. „Bis zum letzten Hof“ sollte Österreich mit Strom versorgt werden. Heute stellt sich die Frage: Sind die damals beschlossenen Richtlinien noch zeitgemäß?
Die Vorstellung, daß die vollständige und günstige Versorgung der Bevölkerung mit elektrischem Strom am besten durch die öffentliche Hand gewährleistet wird, reicht zurück bis in die österreich-ungarische Monarchie.
Schon der Reichsrat bekannte sich zu einer zentralstaatlichen Konzeption — die Kriegswirren ab 1914 verhinderten aber die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes.
Trotzdem wurde an der Auffassung festgehalten, daß jeder Österreicher — auch ein Landwirt ihm hintersten Winkel des Landes — ein Recht hat auf Anschluß und Versorgung mit dieser revolutionären Entdeckung elektrische Energie.
Nach der Zerstörung des wirtschaftlichen Lebens durch den Zweiten Weltkrieg suchte man auch in Österreich nach einer neuen Organisationsform für die Elektrizitätswirtschaft. Das Ergebnis ist das Zweite Verstaatlichungsgesetz vom März 1947.
Dieses Gesetz ist ein Kompromiß zwischen verschiedenen Vorstellungen der damals maßgeblichen politischen Parteien. Zu dieser Zeit unterstand dieser Wirtschaftszweig einem kommunistischen 'Minister, der mit seiner Partei radikal die Meinung ver trat, die Stromversorgung müsse genauso organisiert werden wie die österreichischen Bundesbahnen. Der Sozialistischen Partei schwebte eine Einheitsgesellschaft nach italienischem und französischem Muster vor, und die ÖVP wiederum wollte überhaupt nur Bundesländerkompetenzen gelten lassen.
Demokratie wurde damals ernst genommen, und so rangen die Parteien im Parlament ein Jahr lang um einen Kompromiß. Im März 1947 war es dann soweit.
Zu diesem Zeitpunkt floß Strom aus rund 3.000 meist kommunalen und privaten Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
Das neue Konzept lief nun darauf hinaus, die kleinen privaten Unternehmen — sie machten damals rund 20 Prozent aus — zu verstaatlichen. In der Steiermark und in Oberösterreich wurden diese Richtlinien aus politischen Gründen durchbrochen. So gibt es in diesen Bundesländern noch immer rund 160 private Stromlieferanten.
Die neue Organisationsstruktur des Jahres 1947 sah folgende Kompetenzaufteilung vor:
Die Belieferung des Endverbrauchers mit elektrischer Energie wurde den Landesgesellschaften übertragen. Uber diese Landesgesellschaften wurde aus den bestehenden alten Deutschen Elektrowerken der Kriegsjahre die Bundeselektrizitätswirtschaft aufgebaut, die Vorgängerin der heutigen Verbundgesellschaft.
Letztere ist die Drehscheibe der heimischen Elektrizitätsversorgung. Zu ihren Aufgaben zählen laut Gesetz:
Berechnung des gegenwärtigen und zukünftigen Strombedarfs in Österreich (S. 13), Errichtung von Großkraftwerken gemäß Beschluß der Bundesregierung. Errichtet werden solche Großkraftwerke mit Hilfe von Sondergesellschaften (zum Beispiel der österreichischen Draukraftwer- ke AG oder der österreichischen Donaukraftwerke AG). Der dort erzeugte Strom fließt in die großen Industrieunternehmen wie AMAG, VOEST oder Chemie Linz ebenso wie in die Landesgesellschaften.
Die neun Landesgesellschaften können — soweit er dem reinen Landesbedarf dient - ebenfalls einen eigenen Kraftwerkspark errichten, um „ihre“ Bundesländer mit der ausreichenden Menge Strom zu versorgen.
Heute beziehen 96 Prozent der Österreicher elektrische Energie aus verstaatlichten Unternehmen, den Rest liefern private oder kommunale Energieversorger sowie Genossenschaften.
Auch die privaten Unternehmen sind weitgehend „nur“ Wiederverkäufer und mit den Landesgesellschaften vertraglich eng verbunden. Da die gesamten Strompreise der amtlichen Preisregelung unterliegen, ergeben sich keine Kosten vorteile für Konsumenten durch private Stromversorger.
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