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54 Prozent der Jungen bangen um Arbeitsplatz
Zehn Jahre nach den weltweiten Studentenunruhen von 1968 ist es abermals das Gebot der Stunde, sich verstärkt der Jugend von heute anzunehmen. Das Gespenst Jugendarbeitslosigkeit läßt unsere jungen Menschen nicht mehr los: Nach einer vor kurzem in Österreich durchgeführten Meinungsumfrage unter Jugendlichen unter 19 Jahren sind 54 Prozent der Jugend - das ist mehr als die Hälfte - der Uberzeugung, daß die österreichischen Arbeitsplätze eher unsicher oder sogar sehr unsicher sind.
Auf einer internationalen Studienkonferenz im Europahaus Wien zur Frage „Jung und arbeitslos?“ erklärte vergangenes Wochenende der Bundesobmann der Jungen ÖVP, Josef Höchtl, daß es - zumindest für Österreich - kurz- und mittelfristige Möglichkeiten gäbe, dem Problem Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen. Die Prognosen für die nächsten Jahre seien aus globaler Sicht von vorsichtigem Optimismus getragen. Man hoffe, durch Umschichtung und arbeits-marktgerechte Ausbildung der Jugend sowie durch Schaffung zusätzlicher Lehrstellen diesem Phänomen zu Leibe rücken zu können. In diesem Zusammenhang denkt Höchtl an eine Prämie für jene Betriebe, die zusätzliche Arbeitsplätze für Jugendliche schaffen, an die Erhöhung der maximalen Lehrlingszahl pro Betrieb und
an gesetzliche Sicherung von Jugendarbeitsplätzen bei Betriebsgründungen und staatlichen Konjunkturprogrammen.
Eine weitere erfolgversprechende Maßnahme betrifft den Bereich der Ausbildung. Derzeit geht ein hoher Prozentsatz der Jugendlichen in sogenannte „Modeberufe“, während andere Berufssparten damit ringen, überhaupt Arbeitskräfte zu finden. Hier ist es Aufgabe der Gesellschaft, einerseits die ungenützten-Berufe attraktiver zu gestalten und auf der anderen Seite die jungen Leute bereits in der Zeit der Schulausbildung entsprechend zu motivieren. Arbeitsuchende Mädchen stellen ein besonderes Problem dar. Auf Grund tradierter Klischeevorstellungen und Vorurteile ergreifen Mädchen nur bestimmte, sogenannte frauengerechte Berufe.
Während Österreich - wie so oft -dadurch begünstigt ist, daß europa-oder weltweite Probleme verzögert und oft auch nur in abgeschwächter Form auf dieses Land zukommen -verbunden mit dem Vorteil, aus Erfolgen oder Fehlern anderer Staaten zu lernen, kämpft die BRD schon seit längerem mit einer viel stärker ausgeprägten Arbeitslosigkeit. Das deutsche Jugendinstitut München hat 1977 eine Studie mit dem Titel „Jugend unter dem Druck der Arbeitslosigkeit“ veröffentlicht. Die Soziologin Gerlinde
Seidenspinner sprach anläßlich der Tagung über einige Schwerpunkte dieser Arbeit. Neben der Beschreibung diverser staatlicher Fördermaßnahmen für Jugendliche - deren Auswirkungen teilweise nicht den erwarteten Erfolg, im Gegenteil der Jugend nur noch mehr Enttäuschung brachten - ging Seidenspinner im besonderen auf die psychische Verfassung junger Arbeitsloser ein.
Auffällig sei das rasche Aufgeben von Berufswünschen, Existenzsorge trete an die erste Stelle: für Sicherheit nehmen Jugendliche hohe Anpassung in Kauf. Allerdings verursache diese wesensfremde Anpassung in kürzester Zeit ein Zunehmen von Depression und Resignation. Damit könnte sich der Teufelskreis schließen: Depression führt zu Leistungsabfall und demnach zum Verlust des Arbeitsplatzes. Auch hier wieder sind Mädchen besonders gefährdet.
Österreich ist von diesen besorgniserregenden Erscheinungen bis jetzt verschont geblieben - erste Alarmzeichen allerdings sind nicht zu übersehen. Jugendarbeitslosigkeit in unserem Lande wird durch geeignete Maßnahmen für absehbare Zeiträume verhindert werden können, jedoch Arbeitslosigkeit insgesamt wird nicht so einfach zu bewältigen sein.
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