Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
60 Autoren in Kärnten
Seit 1972 sorgt der Kärntner Schriftstellerverband unter der Leitung von Walther Nowotny für die literarischen Ost-West-Begegnungen, die im Bergdorf Fre-sach in Oberkärnten stattfinden. Die diesjährige 15. Internationale Schriftstellertagung hat über sechzig Autoren aus der BRD, der DDR, der Schweiz, der Tschechoslowakei, aus Ungarn, Polen, Jugo-
slawien, Italien, Frankreich, Luxemburg und Österreich versammelt. Vorträge über den vor kurzem verstorbenen Meister der modernen italienischen Literatur Italo Calvino (Referent Dante Andrea Fanzetti aus der Schweiz) und über die Situation bei den zwei kleinsten Literaturen Europas, bei den Sorben in der DDR und Slowenen in Kärnten, büde-ten den Höhepunkt.
Der junge sorbische Dichter Benedikt Dyrlich aus der DDR zeigte am Modell der Literatur der sorbischen Minderheit eine Möglichkeit, aus dem „Provinziellen“ in das Universelle zu gelangen, ohne dabei die Tradition zu verlieren. Fruchtbar und kulturhistorisch interessant ist die geistige Verbindung zwischen dem deutschen Sprachgebiet und der kleinen sorbischen Landschaft in der Oberlausitz um Bautzen und in der Niederlausitz um Cottbus.
Der junge Kärntner Slowene Janko Ferk, namhafter Lyriker und Erzähler, überraschte mit einer nüchternen statistischen Betrachtung über die Situation der slowenischen .Autoren in Karrt ten. So gibt es laut Ferk etwa dreißig slowenisch schreibende Kärntner Autoren, die ihre Werke vor allem in den zwei slowenischen Verlagen in Klagenfurt veröffentlichen, doch existieren noch große Mängel bei der Literaturkritik und der Betreuung durch die Lektorate.
Wolfgang Ebert aus der Bundesrepublik Deutschland sprach über die in der Geschichte so oft problematischen deutschen Beziehungen zum Osten, der Franzose Jean Charles Lombard stellte sich im Referat „Betrachtungen über Medien“ eindeutig gegen die eindimensionalen Verführungen im heutigen Rundfunk und Fernsehen. Es wurden wesentliche geistige Strömungen analytisch beleuchtet: der slowenische Publizist Bogdan Pogacnik sprach über die Geschichte der slowenischen Literatur, Vladimir Gajäek, Slowene aus Laibach, bemühte sich in seinem umfassenden Referat um ein neues Bild der deutschen Dichtung zwischen Hölderlin und Ingeborg Bachmann.
Die Autoren aus elf europäischen Ländern haben die sinnlosen Abgrenzungen teilweise aufgelockert, dadurch auch dazu beigetragen, Vorurteile abzubauen und in der Vielfalt Umrisse einer Einheit zu entdecken. In diesem Sinne bieten gerade Grenzorte und Grenzländer neue Hoffnungen an.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!