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Drei Bischöfe der Tschechoslowakei sind in den letzten Monaten und Tagen gestorben: je einer in Böhmen, in Mähren und in der Slowakei. Nach dem Tod des Brünner Bischofs Doktor Karel Skoupy Ende Februar 1972 starben nun der Diözesan-bischof der südböhmischen Diözese Budweis, Dr. Josef Hlouch, und der Apostolische Administrator von Roznava, Dr. Robert Pobozny. Skoupy war 82 Jahre alt, Hlouch 70 und Pobozny ebenfalls 82. So tragisch der zeitliche Zusammenfall des Todes von drei Bischöfen ist, so zeigt sich dahinter eine noch größere Tragik: mit Pobozny ist der letzte Bischof einer slowakischen Diözese oder Apostolischen Administratur gestorben, mit Skoupy der letzte mährische Bischof, so daß heute nur noch Böhmen einen Diözesanbischof besitzt.

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Drei Bischöfe der Tschechoslowakei sind in den letzten Monaten und Tagen gestorben: je einer in Böhmen, in Mähren und in der Slowakei. Nach dem Tod des Brünner Bischofs Doktor Karel Skoupy Ende Februar 1972 starben nun der Diözesan-bischof der südböhmischen Diözese Budweis, Dr. Josef Hlouch, und der Apostolische Administrator von Roznava, Dr. Robert Pobozny. Skoupy war 82 Jahre alt, Hlouch 70 und Pobozny ebenfalls 82. So tragisch der zeitliche Zusammenfall des Todes von drei Bischöfen ist, so zeigt sich dahinter eine noch größere Tragik: mit Pobozny ist der letzte Bischof einer slowakischen Diözese oder Apostolischen Administratur gestorben, mit Skoupy der letzte mährische Bischof, so daß heute nur noch Böhmen einen Diözesanbischof besitzt.

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In der Slowakei sind nunmehr die dem Heiligen Stuhl direkt unterstellten Bistümer Neutra, Zips, Neusohl, die Diözesen Kaschau und Roznava, dazu das wiedererrichtete griechisch-katholische Bistum Pre-sov “ unbesetzt. Nicht mehr erlebte man die durch mehrere Jahre angestrebte und durch die Ereignisse immer wieder verhinderte Errichtung einer eigenen slowakischen Kirchenprovinz. Nach der Föderalisierung der Tschechoslowakei und der Ernennung des Apostolischen Administrators von Neutra, Dr. Eduard Necsey, zum Erzbischof ad personam schien eine slowakische Kirchenprovinz zum Greifen nahe zu sein. Der plötzliche Tod des Erzbischofs und die anschließende politische Entwicklung machten den Plan zunichte. Nach dem Tod des Brünner Bischofs Skoupy sind nun beide mährischen Diözesen, die Olmützer Erzdiözese und die Brünner Diözese, ohne Oberhirten. In Böhmen bleibt der Salesianerpater Dr. Stephan Trochta, seit 1948 Bischof der einst überwiegend deutschen Diözese Leitmeritz, der einzige, der mit seinen 67 Jahren noch die Stellung hält. Sein Lebenslauf ist fast bezeichnend für das Schicksal der Bischöfe, Priester und vieler Katholiken dieses Raumes: drei Jahre, zwischen 1942 und 1945 in deutschen Konzentrationslagern, dann 1947 Bischof, 1954 neuerlich, nun von den eigenen Landsleuten zu

25 Jahren Zuchthaus verurteilt, Berufsverbot, Tätigkeit als Chauffeur, 1968 neuerlich Diözesanbischof, schließlich Mitglied der inzwischen wieder längst liquidierten Obersten Rehabilitierungskommission.

Neben Trochta wirkt allerdings in Böhmen noch als Verweser des Prager Erzbistums der aus der Olmützer Diözese stammende Bischof Franti-sek Tomasek, der allerdings inzwischen auch 73 Jahre alt geworden ist. Tomasek wurde, als Beran, Erzbischof und nachmaliger Kardinal, seine Heimat verlassen mußte, dessen Nachfolger. Es war im Verlauf der letzten 25 Jahre das einzige bescheidene „Tauwetter“ zwischen Kirche und Staat, soweit für die dürftigen Geschehnisse des Jahres 1965 überhaupt das Wort „Tauwetter“ gebraucht werden kann.

Der Apostolische Administrator von Königgrätz, Titularbischof Karel Otcenasek, darf — obwohl er 1968 rehabilitiert wurde — seine Funktion nicht ausüben. Er arbeitet ebenso wie Weihbischof Kajetan Matou-sek (Prag) als Seelsorger. Uber die Tätigkeit des amtbehinderten Weihbischofs Ladislaus Hlad (Leitmeritz) liegen keine Informationen vor.

Übrigens lebt noch ein weiterer Bischof im Bereich der Tschechoslowakei; der Weihbischof der griechisch-katholischen Diözese Presov in der Ostslowakei, Vasil Hopko, der kränklich ist wie Trochta und der seinen zersprengten Haufen nicht mehr führen kann.

Dem Ziel, eine Herde ohne Hirten zu erreichen, ist man also in der Tschechoslowakei schon sehr nahe gekommen. Wie steht es mit den Priestern?

1948 hat es auf tschechoslowakischem Gebiet, nachdem mit den Deutschen rund 1500 deutsche Priester das Land verlassen hatten oder verlassen mußten, noch rund 7000 katholische Priester gegeben, von denen 1163 Ordenspriester waren. Erst 20 Jahre später, 1968 unter Dubcek, durften neuerlich Zahlen über Priester veröffentlicht werden. Ihre Zahl war auf die Hälfte herabgesunken und betrug nur noch 3108. Aber diese inzwischen wieder längst überholten Zahlen sagen längst nicht alles aus: jeder fünfte Priester ist Ordenspriester und bleibt weiterhin völlig ausgeschaltet; ein Großteil der Priester ist stark überaltert — die ins Auge gefaßte Zwansgpensionie-rung würde in die dürftigen Reihen weitere schwere Lücken schlagen. Schließlich ist die Verteilung des Klerus außerordentlich ungleichmäßig: für die rund 5 Millionen Katholiken Böhmens waren es 896 Priester, Mähren mit seinen 4 Millionen verfügte über etwas mehr als 1000, ebensoviel wie auch die Slowakei. In der Diözese des einzigen lebenden Diözesanbischofs, Doktor Trochta, in Leitmeritz also, gab es 1945 für 449 Pfarreien und 955 Kirchen immerhin noch 600 Priester — 1968 waren es 144, heute dürfte ihre Zahl bei hundert liegen.

Längst kann durch den neuerlich stark gedrosselten Priesternachwuchs kaum eine der entstehenden Lücken geschlossen werden. Das Ziel, eine Herde ohne Hirten zu schaffen, ist also im nördlichen Nachbarland Österreichs nicht mehr fern.

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