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Ab 1. Jänner ist es zu spät

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Wer nicht bis längstens Jahresultimo als Alt-Österreicher oder dessen Erbe die in der Tschechoslowakei nach Kriegsende erlittenen Vermögensverluste nach dem Entschädigungsgesetz 1975 geltend gemacht hat, schaut durch die Finger.

Gleiches gilt für derzeit minderbemittelte Neo-Österreicher, die irgendwo durch Krieg und Nachkriegs-wirren ihr Hab und Gut verloren haben. Vor Inkrafttreten dieser beiden Gesetze gemachte Meldungen begründen keinen Rechtsanspruch: man muß auf jeden Fall seine Ansprüche neuerdings stellen.

Schon Ende der vierziger Jahre registrierte das damalige Bundesrniniste-rium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung das „österreichische Eigentum in der CSSR" mittels lindengrünen Formblättern und führte mit den Geschädigten peniblen Briefverkehr wegen mangelnder Stempelmarken und erforderlicher tschechischsprachig abgefaßter Gesuche.

Eine österreichische Vermögensschutz-Gesellschaft mbH bot in jenen Jahren ihre Dienste in vermögensrechtlichen Angelegenheiten auf breiter Grundlage und zu dementsprechenden (Nichterfolgs-)Honoraren.

„Richten" konnte es sich damals nur jemand wie der verstorbene Grandhotelier Hermann Winkler, der aus seinem Reichenberger Tanzpalast so viel Geld machte, daß er sich am Salzburger Mönchsberg ansiedeln konnte. . Normalsterblichen war solches verwehrt. Weder der österreichischen Gesandtschaft in Prag noch der Entschädigungsabteilung GA E in der Wiener Wollzeile 1 blieb mehr zu tun, als die Karteien vergilben zu lassen. Ein leises Hoch brachten nur die Mini-Entschädigungen für Sachschäden gemäß Paragraph 2 Anmeldegesetz („Bad-Kreuznacher Abkommen") in den Jahren 1962/63.

Abertausende von Repatrianten haben sich in drei Jahrzehnten eine neue Existenz aufgebaut. Sie machten unter die Vergangenheit einen dicken Strich. Früherer Besitz wurde gedanklich als uneinbringlich abgebucht.

Diese Löschung läßt sich jedoch bis zu 640.000 Schilling im Ein-zel(-Millionärs)fall aktivieren. Altösterreicher, die zum 27. April 1945 (und damit logischerweise zum 13. März 1938) die österreichische Staatsbürgerschaft besaßen, haben Anrecht auf eine Entschädigung nach Bundesgesetzblatt Nr. 452/1975 in der Fassung vom 18. Dezember 1979 (BGBl. Nr. 557/1979).

Entschädigungsfähig sind land- und forstwirtschaftliche Vermögen, Grundbesitz, Betriebsvermögen, Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften, Kunstgegenstände und seit 1980 auch Gegenstände des Hausrats.

Alles unabhängig davon, ob nach dem „Bad-Kreuznacher Abkommen" bereits eine Entschädigung floß oder nicht. Nicht entschädigt werden jedoch Sparguthaben: das Geld bei Banken und Sparkassen ist unwiederbringlich dahin.

Vor dem Jahre 1976 in der Wollzeile gemachte Anmeldungen von Vermögen in der CSSR berechtigen jedoch noch nicht zum Hoffen auf automatische Erledigung. Dort kennt man zwar Nam' und Art, hebt in Minutenschnelle den richtigen Akt aus und weiß, was wer dereinst an Verlust meldete - aber damit existiert noch kein juristischer Anspruch.

Den muß man schriftlich erheben: formlos, stempelfrei und zweckmäßigerweise unter Nennung der bereits früher registrierten Aktennummer. Der zuständige Ministerialrat Luchesi: „Die früheren Meldungen waren ja nur Unterlagen für die österreichischtschechischen Verhandlungen".

Luchesi: zur Arbeit „Wir haben bei Grundbesitzern und bei Fabrikanten sogar von uns aus Nachforschungen angestellt, in Grundbüchern nachgeschaut und Erben ausgeforscht".

Leider ist diese „Heidenarbeit" wieder einmal nur denjenigen zugutegekommen, die von sich aus auf ihr Hab und Gut schauten, und nicht jenen weniger reichen Leuten, die in der Tschechoslowakei in den meisten Fällen ihre Existenzgrundlage verloren haben, ohne in Grundbüchern oder Firmenlexika vertreten gewesen zu sein.

Die vielen Bauern im Waldviertel und im Mühlviertel z. B., deren Felder heute jenseits der toten Grenze liegen, dürften bis heute nicht den Sinn der diversen amtsdeutschen Anzeigen der GA S in den Tageszeitungen verstanden haben.

„Hier könnten die Pfarrer so wie die Politiker noch viel Gutes tun, um die Leute zu informieren", meint Ministerialrat Luchesi.

Die Pfarrer und Pfarrgemeinden könnten aber noch weiter Gutes tun: Mit Jahresende 1980 läuft auch das Aushilfegesetz BGBl Nr. 712/1976 aus. Dieses Gesetz gewährt eine Zubuße zwischen mindestens 3.000 und höchstens 15.000 Schilling für Schäden an Hausrat durch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs oder dessen Folgen (Vertreibungen etc.).

Alle Personen, die einen Schaden in der Mindesthöhe von 1000 Reichsmark erlitten haben, zum 1. Jänner 1977 die österreichische Staatsbürgerschaft hatten und ab 1. Jänner 1980 nicht mehr als monatlich 3.493 Schilling (Ehepaare S 4.996) plus 12.000 Schilling maximal im Jahr Einkommen haben, steht diese einmalige Aushilfe zu.

Dieses „Dankeschön des österreichischen Staates an alle jene, die am Wiederaufbau als Heimatvertriebene und Flüchtlinge mitgearbeitet haben und heute arm sind" (Luchesi) ist gerade bei den verschämten Ausgleichszulagenbeziehern viel zu wenig bekannt.

Die Adresse: Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Abteilung für Sonderaufgaben, Wollzeile 1, 1010 Wien. Das Formular: GA ll-A-4 (neu), Schablone Nr. 2/1980.

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