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Abfall muß beseitigt werden

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Ein Thema des Umweltberichts 1983 an den UN- Generalsekretär sind die gefährlichen Abfälle. Die entsprechenden Aussagen des Direktors des UN- Environment-Programms werden im folgenden zusammengefaßt.

Uber fünf Millionen verschiedene chemische Substanzen sind heute bekannt, rund 70.000 werden vermarktet. Jährlich werden einige tausend neu entdeckt und viele davon verwendet. Uber ihre Langzeitwirkungen ist so gut wie nichts bekannt, und selbst die Industriestaaten haben Schwierigkeiten, mit Kontrolle und Gesetzgebung auf dem laufenden zu bleiben.

Man schätzt, daß rund 10 bis 20 Prozent aller Industrieabfälle gefährlich sind. Allein die Vereinigten Staaten produzieren 60 Millionen Tonnen Produktionsabfälle im Jahr, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 20 bis 30 Millionen Tonnen. Mit welcher Rücksichtslosigkeit solch gefährliche Abfälle oft beseitigt werden, hat die Suche nach den verschwundenen Seveso-Gift-Fässern vor wenigen Wochen gezeigt.

„Undisziplinierte Beseitigung der Abfälle kann Feuer, Explosionen, Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung, Verseuchung von Nahrung und Trinkwasser verursachen und Menschen gefährden, die mit ihnen in Berührung kommen oder ihre Dämpfe einatmen, sowie Pflanzen und Tieren Schaden zufügen“, heißt es in dem Bericht. Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, daß über die langfristigen Schäden durch giftige Chemikalien wenig bekannt ist.

Die in den meisten Industrieländern in den letzten Jahren verabschiedeten strengen Gesetze über Abfallbeseitigung und die damit verbundenen höheren Ko-

sten haben nach Festellung der Berichterstatter nicht nur positive Folgen gehabt. Manche Unternehmen „sind der Versuchung unterlegen, diese zusätzlichen Kosten durch die Verlagerung ihrer Aktivitäten oder den Export ihrer Abfälle in Länder zu umgehen, in denen die Gesetze weniger strikt sind oder kaum angewendet werden. Diese Länder sind in Gefahr, internationale Mülleimer zu werden.“ Und „in einigen Fällen haben Unternehmen unter dem Vor wand der Zwischenlagerung Abfälle in ein anderes Land transportiert und sie dort einfach liegengelassen“.

Abfälle aus den Niederlanden sind so nach England gelangt und Industriemüll aus den Vereinigten Staaten wurde in einem mexikanischen Lagerhaus untergebracht.

Gefährliche Abfälle können leicht über die Grenzen geschleust werden: Die gesetzlichen Vorschriften der einzelnen Länder sind uneinheitlich, die Ladungen können ohne Schwierigkeiten unter falscher Bezeichnung durch den Zoll gebracht werden, Kontrollen sind schwer durchführbar. Es gibt auch keine internationalen Vereinbarungen über die Deklarie- rung von Abfällen.

Anstatt den Abfall zu exportieren, ziehen es manche Unternehmen vor, ihre Fabriken zu verlagern. „Unternehmen, die sich in Entwicklungsländern ansiedeln, machen es oft zur Bedingung, daß ihre Herstellungsverfahren vertraulich bleiben. Wenn sie auch darauf bestehen, daß die Zusammensetzung ihrer Abfälle im dun kein bleibt, werden diese Länder nie wissen, welche und wieviel gefährliche Substanzen auf ihre Müllhalden gelangen — und sie werden kaum die Möglichkeit haben, die Lage zu kontrollieren.“

Die Empfehlungen des Berichts sind entsprechend zurückhaltend: Eher als höchsten Ansprüchen genügende, aber nicht kontrollierbare Gesetze sollten vernünftige Regelungen getroffen werden, wie etwa preisgünstige Lagermöglichkeiten in der Nähe Abfälle erzeugender Fabriken. Im übrigen müsse der Weg dorthin gehen, immer mehr Abfälle wieder zu verarbeiten und als neue Rohstoffe für andere Produkte zu verwenden.

Auszug aus Nachrichten der Katholischen Sozialakademie Österreichs Nr. 13/83.

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