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Abfallverwertung immer wichtiger

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Wir leben in einer Zeit deutlich erkennbarer Verknappung der Rohstoffe, nichtregenerativer Energieträger, des noch zusätzlich duldbaren Umweltbelastungspotentials. Dazu kommt eine „umweltpolitische" Sensibilisierung der Bevölkerung.

Auf dem Gebiet des Umweltschutzes wird oft das St. Florians-Prinzip praktiziert: Wir treten mit aller Kraft für Umweltschutzanlagen ein, aber nicht bei uns. Die Lösung der akuten abfallwirtschaftlichen Probleme fordert breite politische Konsensbildung und folgenden Zielkatalog:

Abfallverringerung und -Vermeidung hinsichtlich Quantität, vor allem aber Qualität. Damit sind alle Maßnahmen zur Verringerung des Gefahrenpotentials und Erleichterung der Abfallbehandlung gemeint.

Verwertung der nichtvermeid-baren Abfälle durch Recycling. Dabei ist in erster Linie die Gewinnung von Sekundärrohstoffen anzustreben, da dies meist mit ei-' nem ressourcenökonomischen Vorteil im Vergleich zur Herstellung von Produkten aus Primärrohstoffen verbunden ist.

Wenn dies nicht möglich ist, sollte der Energieinhalt der Abfallstoffe verwertet werden. Hier kommt direkte thermische Verwertung (Müllverbrennung mit Energieverwertung) oder Aufbereitung zu Altstoffenergieträgern und Nutzung dieser Alternativbrennstoffe in industriellen Kraftanlagen oder Fernheizwerken in Frage.

Auf jeden Fall ist eine umweltkonforme Abfallendbehandlung in Form der geordneten Deponie von Abfällen oder Restabfallstoffen erforderlich.

Keines der bekannten Verfahren ist hundertprozentig effizient. In manchen Fällen ist auch die Abfallmenge zu gering, um an eine ökonomisch vertretbare Verwertung zu denken. Stets benötigt man aber eine Ersatzlösung beim Ausfall von Abfallbehandlungsanlagen. Alle Maßnahmen müssen selbst ein Minimum an Umweltbelastung und Kosten verursachen.

Die Bevölkerung und alle für abfallwirtschaftliche Maßnahmen Verantwortlichen sollten über den richtigen Umgang insbesondere mit Problemstoffen, Altstoffen und Sonderabfällen aufgeklärt werden.

Es ist nicht sinnvoll, größere Mengen verwertbarer Abfälle mit kleinen speziell umweltgefährdender Stoffe zu vermengen und so den Gesamtabfall unverwertbar zu machen. Dies geschieht etwa durch Einbringen schwerme-tallhältiger Klärschlämme oder belasteten Gewerbemülls bei der Kompostierung von Hausmüll. Damit wird oft der Kompost unverwertbar. Es ist dafür zu sorgen, daß Problemstoffe und Sonderabfälle nicht mit den verwertbaren Abfällen vermischt werden.

Zu den Problemstoffen zählen alte Arzneimittel, Reinigungsund Desinfektionsmittel, Lack-und Lösungsmittelreste, Holzschutzmittel, Altbatterien, Pflanzenschutzmittelreste, Schädlingsbekämpfungsmittel, Chemikalien aus dem Hobby- und Laborbereich, Leuchtstoffröhren, quecksilberhaltige Produkte. Für diese Stoffe sollte in Zukunft prinzipiell gelten: Geschäfte, die für den Verkauf von Problemstoffen sorgen, müssen Produktreste zurücknehmen und einer geordneten Behandlung zuführen. Dabei ist aber eine Hilfestellung der öffentlichen Hand anzustreben.

Es gibt heute für fast jeden Siedlungsbereich in Österreich erprobte Sammelmodelle zur Erfassung von Altpapier, Altglas, Altreifen und Alttextilien, in Einzelfällen auch Kunststoffe und Metalle. Die getrennte Sammlung ist deshalb so wichtig, weil die geringe Siedlungsdichte in unserem Land den Einsatz von Recyclinganlagen sonst erschwert, in manchen Fällen unmöglich macht.

Der Restabfall der nach der getrennten Sammlung von Altstoffen anfällt, enthält noch eine Reihe verwertbarer Materialien; kompostierfähige Stoffe, Metalle und Energie, die durch Gewinnung von Altstoffenergieträgern („BRAM" Brennstoff aus Müll) verwertet werden können. Solche Anlagen könnten als Recyclinganlagen oder als Vorschaltanlagen vor Deponien oder Kompostwerken betrieben werden.

Da es immer schwieriger wird, geeignete Flächen für Deponien zu finden, dies aber ein zentrales Erfordernis aller abfallwirtschaftlichen Maßnahmen darstellt, sollte schon jetzt darangegangen werden, einen Katalog geeigneter Standorte für die Deponie von Müll und Sonderabfällen für Österreich zu erstellen. Sie sollten einer „gesamtösterreichischen Deponiebewirtschaftung" unterstellt werden.

Der Autor ist Dozent am Institut für Technologie und Warenwirtschaftslehre der Wirt-schaftsuniversität Wien und ein bekannter Recycling- und Abfallexperte.

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