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Abneigung reicht zur Amtsenthebung

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Wenn ein Hirte mit seiner Herde nicht zu Rande kommt, auch ohne daß er diesbezüglich Schuld auf sich geladen hat, kann er von seiner kirchlichen Obrigkeit seines Amtes enthoben werden. Diese Möglichkeit innerkirchlicher Schadensbegrenzung ist keine Theorie irgendwelcher „Rebellen”, sondern ein Grundsatz des geltenden kanonischen Rechtes.

„Cum alicuius parochi ministerium ob aliquam causam, etiam citra gravem ipsius culpam, noxium aut saltem in-efficax evadat, potest ipse ab Episcopo dioecesano a paroecia amoveri.” - Korrekt übersetzt lautet dieser Canon 1740: „Ein Pfarrer, dessen Dienst aus irgendeinem Grund, selbst ohne seine schwere Schuld, schädlich oder wenigstens unwirksam wird, kann vom Diöze-sanbischof seiner Pfarrei enthoben werden.”

Und es werden im Anschluß ganz konkrete Kriterien angeführt, die zu einer Amtsenthebung führen können, voran „Verhaltensweisen, die für die kirchliche Gemeinschaft schweren Schaden oder Verwirrung verursachen”, darunter aber ebenfalls der „Verlust des guten Rufes bei rechtschaffenen und angesehenen Pfarrangehörigen oder Abneigung gegen den Pfarrer, die voraussichtlich nicht so bald behoben werden” („... aversio in parochum, quae praevideantur non brevi cessaturae”).

Ein derartiges Verfahren innerkirchlicher Schadensbegrenzung ist im Kirchenrecht, um kein Mißverständnis entstehen zu lassen, explizit so für die Amtsenthebung von Pfarrern, also für die Hirten einer kleinen Gemeinschaft, geregelt. Daß das kanonische Recht aber grundsätzlich überhaupt „Verhaltensweisen, die für die kirchliche Gemeinschaft schweren Schaden oder Verwirrung verursachen”, zudem sogar .Abneigung” als hinreichende Gründe zur Amtsenthebung - nochmals: selbst ohne schwere Schuld des Amtsträgers -nennt und als ausreichend anerkennt, ist doch einigermaßen bemerkenswert. Zudem auch, daß in einem derartigen Fall dann der kirchliche Vorgesetzte am Zug ist.

Natürlich kann auch ein „pastor pro-prius” in der ihm anvertrauten Pfarrgemeinschaft der Kirche Schaden zufügen. Der wird im Regelfall aber doch -auch territorial - relativ begrenzt sein und bleiben. Trotzdem ist selbst ein solcher Fall des Falles immer noch bedeutend genug, um im Prozeßverfahren des Kirchenrechtes geregelt und im Detail begründet zu werden.

Sind aber jene Rechtsgrundsätze, die für die kleine Gemeinschaft gelten, für eine hierarchisch übergeordnete Ebene dann gänzlich irrelevant?

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