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Abschiebung als einzige Antwort

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Das Kuratorium für Flüchtlingshilfe, Amnesty International, Grüne und kirchliche Stellen laufen Sturm gegen das neue Asylgesetz, das am Mittwoch den Nationalrat passieren sollte. Es sei - heißt es - in der Lage, Österreich zum „Land ohne Flüchtlinge" zu machen.

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Das Kuratorium für Flüchtlingshilfe, Amnesty International, Grüne und kirchliche Stellen laufen Sturm gegen das neue Asylgesetz, das am Mittwoch den Nationalrat passieren sollte. Es sei - heißt es - in der Lage, Österreich zum „Land ohne Flüchtlinge" zu machen.

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Das Hearing des parlamentarischen Innenausschusses vor einer Woche hat Felix M. Bertram vom Kuratorium für Flüchtlingshilfe besonders empört. „Anstelle des UN-Flüchtlingskommissärs hat man ,die Böcke' - die Sicher-heitsdirektoreneinzelnerBundes-länder - eingeladen." Entschieden wendet"5ich Bertram gegenüber der FURCHE gegen eine geplante Zentralasylstelle, die dem Vernehmen nach vom bisher stark kritisierten Leiter des Asylreferats der Fremdenpolizei in Wien (der in Insiderkreisen sogenannten „Tannengasse"), Schadwasser, übernommen werden soll.

Der kirchliche „Arbeitskreis Flüchtlinge" kritisiert, daß das „ohnehin schon restriktive Gesetz" im Parlament noch schärfer gefaßt worden sei, ein abgelehnter Asylwerber „unverzüglich" und n.icht - wie bisher - innerhalb von zwei Wochen das Land verlassen müsse. Amnesty International gesteht dem Gesetz zwar etliche Verbesserungen zu - so zum Beispiel die Gewährung von Familienasyl, Rechtsschutz für De-facto-Flüchtlinge, denen eine Abschiebung in den Heimatstaat aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann -, kommt aber nicht umhin zu konstatieren, daß wichtige Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention und internationalen Standards widersprechen.

Die neuen Barrieren So will Österreich künftig nur jenen Asylwerbem Einreise und Aufenthalt gestatten, die direkt aus dem Verfolgerland kommen. Das bedeutete, daß von den 20.000 Flüchtlingen im Zeitraum Jänner bis September 1991 80 Prozent keine Einreiseerlaubnis erhalten hätten. Dies stellt für Amnesty eine eindeutige Verletzung des Rückschiebeverbots nach der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Ohne Ermittlungsverfahren wird künftig ein Asylwerber auch abgewiesen werden können, dessen Identität nicht glaubhaft festgestellt werden kann. Das hieße - auf aktuelle Zahlen umgelegt -, daß bis zu 50 Prozent der Flüchtlinge unter Verletzung der Konvention bereits an der Grenze zurückgeschoben werden könnten.

Felix M. Bertram vom Kuratorium für Flüchtlingshilfe stören die vielen Kann-Bestimmungen im neuen Gesetz. Diese stellen für ihn eine „Erschwerung zum Asylzugang" dar. Er weist auch darauf hin, daß die Gruppe der Asylanten im Komplex der Fragen von Ausländerbeschäftigung und -integration hochgespielt und auf dem Rücken der Ärmsten ganz andere Probleme ausgetragen werden. Bertram erinnert daran, daß im Oktober 1956 - vor 35 Jahren - Österreich als freie und demokratische Gemeinschaft Hunderttausende Ungarn aufgenommen hat.

„Wann immeretwas gebraucht wurde: ein Anruf genügte, um die zuständigen Hilfsstellen mit dem Gewünschten zu überschwemmen. An Österreichs Grenzen standen die wenigen Panzer, die zur Verfügung waren. Die eigentliche .Abwehr' war jedoch eine lange Kette von rotweiß-roten Fähnchen, die - neben ihrer simplen Markierungsfunktion - die Entschlossenheit eines ganzen Volkes signalisierten, dem Unrecht und der Willkür der Mächtigen wenn nötig auch mit bloßen Händen Widerstand zu leisten."

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