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Abschied von der „AZ

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Es nützt nichts, eine gute Idee zu haben. Um sie umzusetzen, braucht es Geld. Wenn es noch dazu um die Idee einer Zeitung geht, braucht es enorm viel Geld. Die moderne, von einem Parteiblatt zu einer salopp- kritischen Tageszeitung mit Schär- fe gewandelte „AZ" steht vor den Trümmern einer Idee.

Wirtschaftlich ist die „ AZ" unter ihrem Eigentümer Hans Schmid am Ende. Heute braucht es zur wirt- schaftlichen Führung einer Zeitung gigantische Investitionen, die nur mehr Multis leisten können.

Geld fließt dorthin, wo bereits Geld ist. Eine bittere, aber wahre Regel. Deswegen dominieren die „österreichische" Medienland- schaft heute bereits die bundesdeut- sche WAZ-Gruppe, zum Teil der Axel Springer-Verlag; nur 35 Pro- zent des heimischen Tageszeitungs- marktes sind noch in österreichi- schem Alleinbesitz. Im Vorjahr hat die „AZ" noch auf den möglichen Verlust nationaler Identität auf dem Zeitungssektor aufmerksam ge- macht. Jetzt ist sie Opfer der wirt- schaftlichen Konzentration auf dem Medienmarkt unter deutscher Führung. Die jüngsten Investitio- nen in Österreich auf dem Zeitungs- und Druckereimarkt gehen in Mil- liardenhöhe. Überlebt nur der, der das erkennt und rechtzeitig bei der Konzentration mitmacht?

Die „Salzburger Nachrichten" (SN) arrangierten sich bereits mit der „Mediaprint", der Verlags- und Durckereigesellschaft der KroKu-

WAZ-Gruppe (Krone, Kurier und Westdeutsche Allgemeine Zeitung). Ab 1991 werden Krone- und Ku- rier-West sowie danach die „SN" in einem neuen, 600 Millionen Schilling teuren Druckzentrum bei Salzburg gedruckt. Die im Besitz des Salzburger Preßvereins befind- liche „Salzburger Druckerei", bei der die „SN" laut Vertrag noch bis 1994 gedruckt werden, bleibt auf der Strecke.

Der Tod der „ AZ" ist ein medien- und demokratiepolitisches Armuts- zeugnis für Österreich: Rechenstift kontra Idee. Dabei brauchte man gerade heute fundierte Auseinan- dersetzung - „über die reine Be- richterstattung hinaus", wie es „profil"-Herausgeber Peter Rabl ausdrückt. Auch die FURCHE geht diesen Weg des Dialogs, der dem Leser keine mundgerechten Mei- nungen serviert.

Im notwendigen Meinungsbil- dungsprozeß ist (war) die „ AZ" eine unersetzliche Stimme. Es wäre beschämend, würden wir von der FURCHE jetzt - wie so viele - nichts anderes tun, als weitere Tränen in den Strom von Krokodilstränen über den Tod der „AZ" fließen zu lassen. Wir brauchen Ideen und sollten uns auch leisten, diese zu finanzieren, damit der Öffentlich- keit wertvolle Medien geboten werden. Leisten wir sie uns nicht, dürfen wir künftig nicht klagen, wenn wir uns von gewissen Pro- dukten alles bieten lassen müssen.

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