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Abschiednehmen

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Wenn Gerd Hofmann einen Roman „Das Glück” betitelt, ist es natürlich kein Glück: letzter Ehetag, Abschiednehmen und nichts kriegen. Die Frau hat genug von ihrem Mann, abends hat er die Wohnung zu verlassen, den Möbelwagen für seine geringe Habe hat sie bestellt. Sie erwartet Herrn Herkenrath, den Nachfolger. Die zwei Kinder (Bub und Mädel) werden geteilt, den einen kann er mitnehmen, die andere bleibt da, und der Zehnjährige (das ist der artistische Trick) erzählt uns die traurige Geschichte samt Vorgeschichte, so wie er sie versteht.

Auch er muß sich verabschieden, von der Schule, vom Freund, von der Schwester. Sie reden altklug miteinander, und wenn die Erwachsenen das gleiche tun, wirkt es so absurd, wie der Autor es beabsichtigt hat. Seit jeher, schon in seinen oft gesendeten Hörspielen der sechziger Jahre, war seine Produktion Sprachkunst. Nun geht es um einen Mann, der bei allen Ansprüchen versagt hat und verstummte. Er will schreiben, beruft sich auf Thomas Mann, bringt aber nichts zustande, verstummt auch in der Ehe, und die Frau kann seine Stille nicht mehr aushalten.

Die menschliche Tragödie flüchtet ins Groteske und wird dort noch schmerzlicher. Um halb zehn ist alles aufgeladen, auch Vater und Söhnchen. „Wir fuhren schnell los.” Ende; „Das Glück” ist nur Erinnerung; stimmt sie überhaupt?

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