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Abseits der Straße doch ständig auf dem Weg zu den Menschen

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Brunnen der Stille und Gottverbundenheit in der vielfach geistig leeren Wüste unserer heute so betriebsamen und hektischen Welt wollen kontemplative Klöster sein. So ist auch die Zisterzienserinnenabtei Mariastem-Gwiggen, 10 km nördlich von Bregenz an einem Ausläufer des Pfändermassivs gelegen, in den letzten Jahren immer mehr ein Aufenthaltsort für Erholungssuchende geworden.

Ist es nur die äußere Abgeschiedenheit, die Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung für einige Tage oder Wochen ins Kloster lockt? Die Eintragungen in unserem Gästebuch „Das macht die Wüste schön, daß sie irgendwo einen Brunnen hat”

Antoine de Saint Exupery bezeugen, daß die Menschen vielmehr eine stille, gottnahe Atmosphäre bei den Schwestern suchen, um hier neue Orientierung auf Gott hin für ihr eigenes Leben zu finden.

Gottesverehrung als Beruf

Gottesverehrung als Beruf ist erste und erhabenste Aufgabe der kontemplativen Klöster. Diesen Auftrag erfüllen sie vornehmlich im öffentlichen Chorgebet, das sie als Gottesdienst und Fürbittdienst in Solidarität mit allen Menschen verrichten. Im Namen aller stehen die Schwestern vor Gott, um ihn zu lieben, zu loben, ihm zu danken und für jene Sorgen und Nöte der Menschen zu bitten, die nicht allein durch soziale Tätigkeit bewältigt werden können.

„Mein langjähriger Einsatz im Apostolat lehrte mich, daß jeder echten religiösen Umkehr eine innere Erleuchtung vorausgeht, die eine Frucht der Gnade ist. Gnade aber kann und muß erbetet werden”, antwortet eine unserer Schwestern auf die Frage, warum sie in ein kontemplatives Kloster eingetreten ist. Kontemplativ (von lat. contemplari - beschauen, hindurchschauen) bedeutet hier, durch alle Zeitursachen auf die erste U rsache- Gott - hindurchzusehen, und das Leben existentiell auf Gott hin auszurichten. Die Schwestern befolgen die evangelischen Räte, die allen als Rat gegeben sind, radikal, bis in die Wurzeln ihres Seins, und verwirklichen so exemplarisch die Gotthingegebenheit der Kirche.

Neuen Zeiten angepaßt

Das Leben der Zisterzienserinnen verläuft nach der auf dem Evangelium gründenden Benediktusregel, die mit ihrer weisen Anordnung „Chorgebet, hl. Lesung und Handarbeit” (Reg. Kap. 48) eine harmonisch ausgewogene Lebensweise sichert Durch die Zisterzienserkonstitutionen, die nach dem Konzil revidiert wurden, ist die 1500 Jahre alte Ordensregel den gegenwärtigen Zeitverhältnissen angepaßt worden. Das zisterziensische Ordensleben ist seit Bernhard von Clairvaux (+1153), dem der Orden seine Spiritualität und rasche Ausbreitung ver dankt, besonders marianisch orientiert. Es ist nicht zuletzt die Liebe zu Maria, die, wie eine vor drei Jahren hier eingetretene Schwester beteuert, auch heute noch junge Menschen zum Zisterzienserorden hinzieht: „In der Überzeugung, daß Maria eine Schlüsselstellung im Heilswerk Gottes einnimmt, die nicht ohne Schaden verdrängt werden darf, wählte ich den Zi- sterzienserorden, in dem die Verehrung der Gottesmutter ein integrierender Bestandteil des gemeinsamen Lebens ist.”

Die Arbeiten in Mariastern sind so ausgewählt, daß sie einerseits dem eigenen Lebensunterhalt dienen: Teppichweberei, Besorgung von Kirchenwäsche, Herstellen von Wachskrippen, kunstgewerbliche Arbeiten, Bienenhaus, Obst- und Gemüsegarten, Hühnerhof, teilweise Mithilfe in dem im Vorjahr rationalisierten kleinen Landwirtschaftsbetrieb; anderseits den religiösen Bedürfnissen unserer Zeit entgegenkommen: Organisieren von Besinnungstagen und Wallfahrten, Leitung von Bibelgesprächen und Jugendgruppen, Briefapostolat für mehrere tausend Mitglieder der Pas- sio-Catholica. So sind Klöster, obwohl abseits von der Straße, doch ständig auf dem Weg zu den Menschen.

Gemeinsame Freizeit

Wer miteinander betet und arbeitet, soll und darf sich auch miteinander freuen. Entspannung für Leib und Seele bringen gemeinsame UVernehmungen in der Freizeit: bei schöpferischer Tätigkeit (Basteln, Musizieren, Theaterspiel), in der Natur oder in einsamer Gemeinsamkeit mit Gott in der Kirche oder in dem nach persönlichem Geschmack eingerichteten, ein fachen Einzelzimmer. Ruhe und Emsigkeit- beides liegt über dem ehemaligen Schloß Gwiggen, der Nachfolgeabtei dreier aus dem Kanton Thurgau vertriebener Schweizer Zisterziense- rinnenklöster, die 1856 hier ein neues Ordensleben begonnen haben.

Was veranlaßt heute junge Menschen, alles aufzugeben, um in einem Kloster zu leben? Einige der in den letzten fünf Jahren bei uns eingetrete- len Schwestern geben darauf Antwort:

• Büroangestellte, 26 Jahre: „Nach mehreren Jahren Berufstätigkeit im öffentlichen Dienst, die mir wirklich Freude machte, wurde mir klar, daß Gott mich zu ungeteilter Hingabe in seinen Dienst rief.

• Absolventin einer landwirtschaftlichen Fachschule, 29 Jahre: „Warum ich ins Kloster ging? Weil ich in der direkten Nachfolge Christi, wie sie die evangelischen Räte verlangen, eine größere Sinnerfüllung meines Lebens sehe als in der Welt; weil ich mit gesammelten Kräften, aus ganzem Herzen dem Schönen, Wahren und Einfachen — Gott — dienen möchte.”

• Maturantin, 22 Jahre: „Ich erkannte, daß Gott mich nicht um meiner selbst willen beruft. Das intensive Leben mit ihm in der Verborgenheit des Klosters wird auf geheimnisvolle Weise apostolisch fruchtbar. So kann ich meinen bisherigen apostolischen Einsatz als Mitglied der Legio Mariens durch diese Lebensform enorm vervielfachen.”

Zwischen 22 und 91

Der Konvent von Mariastern, geführt von der vor neun Jahren gewählten Äbtissin M. Agnes Fabianek aus Niederösterreich, hat zur Zeit 26 Mitglieder, dessen jüngstes 22 und dessen ältestes 91 Jahre zählt, vier von ihnen stehen in der fünfjährigen Ausbildungszeit und bereiten sich auf die ewigen Gelübde vor. Die Novizinnen nehmen am vollen Gebets- und Tagesprogramm der Klosterfamilie teil; ihr Arbeitspensum ist jedoch geringer, weil sie einige Stunden dem Unterricht zur Einführung in Ordensregel, Ordensgeschichten, Bibel- und Psalmenstudium, dem Choralgesang, widmen müssen. Der Konvent ist relativ klein, die gemeinsame Pflicht groß, besonders seit das Kloster 1974 die Aufgabe einer Neugründung in Niederösterreich übernommen hat. „Die Aufgabe der Schwestern des Klosters von Marienfeld wird - wie im Mutterkloster - nicht in erster Linie in äußerer Tätigkeit und sozialen Werken bestehen, sondern im einfachen Dasein für Gott und sein Reich, in der Zei- chenhaftigkeit einer christlichen Schwesterngemeinschaft in Gebet und Sühne”, betonte Abt Dr. Kassion Lauterer OCist von Mehrerau-Bre- genz, dessen geistlicher Führung Mariastern unterstellt ist, bei der Grundsteinweihe für das neue Kloster Marienfeld.

Wer in ungeteilter Hingabe am Aufbau des Reiches Gottes mitarbeiten will, ist eingeladen, an den bestehenden Aufgaben in Mariastern und den künftigen in Marienfeld mitzuhelfen. Auskünfte erteilt: Zisterzienserinnenabtei Mariastem-Gwiggen, A-6914 Hohenweiler/Vlbg.

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