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Achse: Teheran—Riad—Kairo

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Der Besuch von Schah-in-Schah Mohammed Reza Pachlawi bei dem neuen König Chalid von Saudi-Arabien so kurz nach der Visite des ägyptischen Präsidenten Mohammed Anwar es-Sadat in Riad und Teheran erregt im ganzen Nahen Osten großes Aufsehen. Die Besuchsdiplomatie der drei wichtigsten Staatsoberhäupter dieser Krisenregion wird von den Betroffenen selbst in erster Linie als Reaktion auf die nach der Niederlage in Südostasien zu erwartende Verstärkung isolationistischer Tendenzen in den Vereinigten Staaten dargestellt. Da befürchtet werden müsse, daß die westliche Führungsmacht in absehbarer Zeit kein tonangebender Faktor mehr im Vorderen Orient sein werde, folgert man aus dem Vietnam-Debakel, möglicherweise etwas voreilig, in Kairo und Teheran, müsse die Region endlich ihre eigenen Abwehrkräfte gegen innere und äußere Gegner mobilisieren.

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Der Besuch von Schah-in-Schah Mohammed Reza Pachlawi bei dem neuen König Chalid von Saudi-Arabien so kurz nach der Visite des ägyptischen Präsidenten Mohammed Anwar es-Sadat in Riad und Teheran erregt im ganzen Nahen Osten großes Aufsehen. Die Besuchsdiplomatie der drei wichtigsten Staatsoberhäupter dieser Krisenregion wird von den Betroffenen selbst in erster Linie als Reaktion auf die nach der Niederlage in Südostasien zu erwartende Verstärkung isolationistischer Tendenzen in den Vereinigten Staaten dargestellt. Da befürchtet werden müsse, daß die westliche Führungsmacht in absehbarer Zeit kein tonangebender Faktor mehr im Vorderen Orient sein werde, folgert man aus dem Vietnam-Debakel, möglicherweise etwas voreilig, in Kairo und Teheran, müsse die Region endlich ihre eigenen Abwehrkräfte gegen innere und äußere Gegner mobilisieren.

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Bei dem Besuch 'Präsident es-Sadats in der iranischen Hauptstadt ging es, wie man in Kairo erklärt, nur vordergründig um finanzielle Probleme. Ägypten brauche nach dem Scheitern der Vermittlungsbemühungen von USA-Außenminister Henry Kissinger eine andere Rückendeckung für die hier noch keineswegs ganz abgeschriebene Politik einer regionalen Friedenslösung der kleinen Schritte! Niemand spricht das zwar offen aus, aber die Kairoer Befürchtung scheint es doch zu sein, daß der übermächtige, eigensüchtige Einfluß der Sowjetunion und das Auftreten der Palästinenser bei der Genfer Friedenskonferenz dazu führen könnten, daß dort nur Porzellan zerschlagen und keineswegs ein dauerhafter Frieden erreicht wird.

Auch in Teheran fürchtet man, wie aus Äußerungen führender persischer Politiker hervorgeht, daß die Frustration der Westlichen zu einem Erstarken des Einflusses der östlichen Führungsmacht im Mittelmeerraum und im Vorderen Orient führen könnte. Gleichzeitig wollen die Iraner den durch die Ermordung von König Feisal in Saudi-Arabien begünstigten revolutionären Tendenzen in der benachbarten arabischen Welt einen Riegel vorschieben.

Schah Reza möchte auf jeden Fall weiteren innerpolitischen Krisenerscheinungen in Saudi-Arabien vorbauen und das Kernland des Islam zum Mittelstück einer Achse Teheran—Riad—Kairo machen. Um Ägypten zum tragfähigen Endstück dieser Achse zu machen, sollen Riad und Teheran noch tiefer in die

Taschen greifen, als sie es bisher schon taten. Schah und König sind sich offenkundig darüber einig, daß eine Veränderung der politischen Verhältnisse am Nil, wie sie durch die katastrophale wirtschaftliche Lage Ägyptens erzwungen werden könnte, unkontrollierbaren sowjetischen Einflüssen Tür und Tor öffnen würde.

In für gewöhnlich gut informierten Kreisen des nahöstlichen Nachrichtenzentrums Beirut heißt es in diesem Zusammenhang, der Schah habe auch mit Israel seine Pläne. Der Palästinakonflikt müsse endlich vom Tisch, um den Russen nicht den längeren Hebelarm zu belassen, mit dessen Hilfe sie die gemäßigten Regime der arabischen Welt früher oder später doch aus den Angeln

heben könnten. Israel soll möglicherweise durch eine iranische Garantie zur Freigabe der besetzten arabischen Gebiete veranlaßt werden. Jerusalems Erdölversorgung wird bereits von Teheran garantiert. Langfristiges Ziel des Schah scheint, gewissen Signalen aus Teheran zu-

folge, die Einbeziehung israelischer intellektueller Energien in die Entwicklung der Gesamtregion zu sein. Die große Unbekannte bleibt aber auch hierbei vorläufig die aggressive Guerillabewegung, der bislang noch niemand zu einem Kompromiß mit dem Zionismus bewegen konnte.

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