6956673-1984_32_11.jpg
Digital In Arbeit

Adieu, Rudolf Hagelstange!

Werbung
Werbung
Werbung

Er kümmerte sich nicht um den Wechsel der literarischen Moden, blieb Einzelgänger, ging lächelnd seines Weges, schrieb moderne Gedichte im klassischen Versmaß, beschwor in seinem schönen Roman „Spielball der Götter" das von Zweifeln nicht angekränkelte Lebensgefühl der Antike: Rudolf Hagelstange, der nun im 72. Lebensjahr gestorben ist, war eine außergewöhnliche Gestalt der deutschen Literatur.

Eine große Anzahl seiner Gedichte und Erzählungen behandelt religiöse Themen. Frömmelei war ihm fremd, auch seine Novellen über die Erlösungsgeschichte sind von einer stillen Lebensfreude erfüllt. Im Gespräch sagte Hagelstange einmal, seine Heiterkeit entspringe wohl dem Gefühl der Sicherheit, und diese sei durch den Glauben gefestigt.

Er verabscheute das Gekünstelte und Manierierte, brachte Wirklichkeit in sprachlicher Form, war ständig bestrebt, den Kreis seiner Erfahrungen zu vergrößern. Er war oft unterwegs, schrieb ein Buch über Amerika, ein anderes über die Ägäis. Er war im Sinne Goethes ein Mann von Welt und ein lächelnder Gegner deutscher Wichtigtuerei.

Einmal unterhielt er sich in New York mit einer „lyrischen Sibylle" über T. S. Eliots Poesie. Dabei wurde Hummer verspeist. Er notierte: ,J\.lle Schriftsteller sollte man mitLobster lesen. Und den Rezensenten sollte man Lob-ster verordnen. Wieviel Charme, wieviel Lebensweisheit entwik-kelt ein Schriftsteller, wenn der Leser Lobster ißt. Und wie vielen deutschen Rezensionen merkt man den vielen Kartoffelsalat an..."

Rudolf Hagelstange ist tot. Auch die Trauer versagt es uns nicht, heitere Sätze seines Lebenswerkes zu zitieren. Er wäre damit einverstanden. Das spricht für den Mann; auch für den Dichter.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung