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Agape ist bei jedem Wetter

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Die Diözese Feldkirch, in der es sehr unterschiedliche Meinungen, aber auch den spürbaren Willen aller zum Dialog gibt, feierte jüngst ein Jubiläum

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Die Diözese Feldkirch, in der es sehr unterschiedliche Meinungen, aber auch den spürbaren Willen aller zum Dialog gibt, feierte jüngst ein Jubiläum

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Genau 150 Jahre lang mußten die Vorarlberger auf die bereits 1818 mit der päpstlichen Bulle „Ex imposito nobis” angekündigte Errichtung einer eigenen Diözese Feldkirch warten. Am Marienfeiertag, 8. Dezember, feierten Bischof Klaus Küng, Alt-Bischof Bruno Wechner, Dekane, Diözesanpriester und Gläubige gemeinsam den 25jährigen Bestand „ihrer” Diözese mit einem festlichen Gottesdienst im Dom von St. Nikolaus in Feldkirch. Statt zu einem Festakt mit viel Prominenz lud Bischof Küng anschließend die Gläubigen zu einer „Agape” auf dem Domplatz ein.

Zuvor hatten an die tausend Gläubige - Jugendliche, Familien, ältere Leute - zum „Tag der Offenen Tür” das „Diözesanhaus” in Feldkirch und dessen Mitarbeiter besucht und erlebt, daß in und für diese Ortskirche nicht nur in den Pfarrgemeinden mit viel Einsatz gearbeitet wird.

Trotz nach wie vor bestehender Spannungen, die mit der Berufung des früheren Opus-Dei-Priesters Klaus Küng durch Papst Johannes Paul II. an die Spitze der jungen Diözese vor fünf Jahren virulent wurden, beeindruckte das Jubiläum durch seine Schlichtheit und den spürbaren Willen aller zum Dialog, ohne die eigene Identität und unterschiedliche Positionen aufzugeben. ^Bischof Küng lud zum Schluß des feierlichen Gottesdienstes, in dem er in einer fein ausgewogenen Ansprache das Diözesanjubiläum als Anlaß zur Dankbarkeit, aber auch zur Besinnung wertete, in Anspielung auf das naßkalte Wetter an diesem 8. Dezember mit der Bemerkung ein: „Die Agape findet bei jedem Wetter statt. Denn gerade wenn es kalt ist, ist es umso wichtiger, daß wir uns gegenseitig die Hände wärmen. Seien wir vereint!”

Dekan Herbert Spieler aus Fra-stanz, einer der kritischsten Köpfe der Vorarlberger Priesterschaft, skizzierte im Gespräch mit der furche die unterschiedlichen Positionen und den anderen Stil: Küng-Vorgänger Bischof Bruno Wechner „hat uns sehr viel tun und machen lassen, er war in vielem sehr tolerant. Mit Bischof Klaus (Küng) mußten und müssen wir sehr viel ringen, zum Beispiel über die jüngst verabschiedeten sehr guten pastoralen Leitlinien. Wir wollen die unterschiedlichen pastoralen und theologischen Standpunkte in den diözesanen Bäten und •mit dem Bischof ausdiskutieren.” Statt in Dekreten und Erlässen von oben zu denken, gelte es, den Menschen bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen und eine „soziale Pastoral” umzusetzen.

Küng; Umbruchphase

Eugen Giselbrecht, von Bischof Küng bestätigter langjähriger Leiter des Seelsorgeamtes, „staunt oft”, wie sehr sich der Bischof auf Situationen einläßt, „die ihm komplett gegen seinen Strich gehen, und in welchem Maß er für Argumente zugänglich ist.” Natürlich nehme Bischof Küng eigene Positionen ein, „aber das ist sein gutes Becht, wenn man auch andere leben läßt. Ich finde das katholisch, im umfassenden Sinn”. Die wichtigste Entwicklung der letzten 25 Jahre ist für Eugen Giselbrecht der Aufbau der Pfarrgemeinderäte, „daß Leute da sind mit einem Auftrag; da wir eine Kirche von Priestern und Laien sind”.

Kleines, aber symptomatisches Detail am Bande: Beim Eestgottes-dienst zum Diözesanjubiläum mini-strierten ganz selbstverständlich auch Mädchen. „Das ist kein Thema mehr, der Bischof hat das akzeptiert”, kommentierte der Pfarrer einer großen Gemeinde.

Bischof Klaus Küng bestätigte im Gespräch mit der furche bestehende Spannungen, aber: „Ich habe den Eindruck, daß eine Art Besinnung eingesetzt hat. Das ist es, worauf es mir ankommt.” Die Kirche, die Diözese befände sich „in einer Umbruchphase, und manche Auseinandersetzungen sind sogar sehr notwendig.”

In den fünf Jahren seit seiner Ernennung im Jänner 1989 habe er in sehr intensiven Kontakten „die Probleme einigermaßen kennengelernt. Ich habe den positiven Eindruck, daß es gelungen ist, das Gespräch in Gang zu bringen. Wir sind im Gespräch. Der Weg des Dialogs ist beschritten worden und den möchte ich auch weitergehen.”

Das 25jährige Diözesanjubiläum in Vorarlberg und fünf Jahre Bischof Klaus Küng haben bewiesen: Auch bei sehr unterschiedlichen Positionen ist es möglich, gemeinsam Kirche zu leben, statt sich unchristlich Justamentstandpunkte um die Ohren zu hauen.

„Die Agape findet bei jedem Wetter statt.”

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