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Alarm auf dem Amselfeld

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Der Konflikt im Kosovo wird von der Weltgemeinschaft noch immer nicht ernst genommen. Diese Meinung vertrat Bujar Bu-koshi, Chef der illegalen Regierung des Kosovo im Exil, in einem Gespräch mit der FURCHE, am Rande einer Albanien-Konferenz der Internationalen Helsinki-Föderation in Wien.

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Der Konflikt im Kosovo wird von der Weltgemeinschaft noch immer nicht ernst genommen. Diese Meinung vertrat Bujar Bu-koshi, Chef der illegalen Regierung des Kosovo im Exil, in einem Gespräch mit der FURCHE, am Rande einer Albanien-Konferenz der Internationalen Helsinki-Föderation in Wien.

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„Wir befürchten, daß es jederzeit zu einer Eskalation der Gewalt im Kosovo kommen kann. Deswegen fordern wir dringend die Entsendung von UNO-Friedenstruppen, um den Ausbruch zu verhindern, solange es noch nicht zu spät ist", hofft Bujar Bukoshi auf internationale Hilfe.

Die Abwahl des restjugoslawischen Staatspräsidenten Cosicvor einer Woche hat die Kosovo-Albaner alarmiert. Dessen Sturz -sei ein eklatanter Be-

weis für die weiteren Radikalisierung der herrschenden politischen Klasse in Belgrad, meint Bukoshi. Der in Stuttgart lebende Mediziner befürchtet nun ein Überspringen der Gewalt aus Bosnien auf den Kosovo.

Dann würden auch Nachbarstaaten wie Bulgarien, Mazedonien oder auch Griechenland mit hineingezogen. Es gebe sieben Millionen Albaner am Balkan, die nicht einfach nur zusehen würden. „Das darf man aber nicht als Drohung mißverstehen", relativiert Bukoshi.

Weiterhin würden die Albaner des Amselfeldes (=Kosovo) ihren friedlichen Widerstand gegen die serbischen Unterdrücker fortsetzen. Die Bevölkerung habe bislang Unmögliches geleistet, „aber jetzt sind wir erschöpft. Wir haben keine Kraft mehr", klagt der 46jährige Regierungschef. „Die Albaner im Kosovo leben nicht mehr, sie vegetieren." Allein in den letzten beiden Jahren hätten deshalb nicht

weniger als 300.000 Albaner das Land verlassen.

Trotz der herrschenden Repression könne er sich ein künftiges Zusammenleben mit den Serben im Kosovo vorstellen. In einem neutralen und demokratischen Kosovo sollten die Serben gleichberechtigt mitarbeiten können. Bukoshi will die Serben, die nur rund zehn Prozent der Bevölkerung im Kosovo ausmachen, nicht als Minderheit sehen. „Niemand soll sich im Kosovo als Mensch zweiter Klasse fühlen müssen.Wir Albaner wissen selbst am besten, was es heißt, Menschen zweiter Klasse zu sein."

Ursprünglich war auch Ibrahim Ru-gova, Präsident des Kosovo, zu dieser Konferenz eingeladen. Nach der Ermordung zweier serbischer Polizisten in einem Dorf bei PriStina hat sich jedoch die Lage so verschärft, daß an eine Teilnahme nicht mehr zu denken war. „Das Leben in dieser Gemeinde ist unerträglich geworden."

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