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Albert Einstein - aus Sowjetsicht

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Die umfassende Werks- und Lebensbeschreibung „Einstein, Leben - Tod - Unsterblichkeit“ von B. G. Kuznecov ist - russisch - 1972 in Moskau erschienen, als wesentlich erweiterte Fassung eines ersten, schon zehn Jahre früher herausgekommenen Versuches, der ebenfalls in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Die vorliegende „Lizenzausgabe für alle nichtsozialistischen Länder“ ist genehmigt vom Akademie-Verlag Berlin (DDR), wo nicht nur die Übertragung, sondern auch der (leider stark fehlerdurchsetzte) Druck besorgt wurde.

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Die umfassende Werks- und Lebensbeschreibung „Einstein, Leben - Tod - Unsterblichkeit“ von B. G. Kuznecov ist - russisch - 1972 in Moskau erschienen, als wesentlich erweiterte Fassung eines ersten, schon zehn Jahre früher herausgekommenen Versuches, der ebenfalls in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Die vorliegende „Lizenzausgabe für alle nichtsozialistischen Länder“ ist genehmigt vom Akademie-Verlag Berlin (DDR), wo nicht nur die Übertragung, sondern auch der (leider stark fehlerdurchsetzte) Druck besorgt wurde.

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Der Verfasser hat nicht nur die Geschichte der Relativitätstheorie, ihre wissenschaftliche Vor- sowie die Geschichte ihrer Resonanz genau studiert, sondern im gleichen Maß die Lebensgeschichte ihres Schöpfers, und beides nicht bloß an Hand der Literatur; um authentische Auskunft zu erhalten, hat er Kontakt aufgenommen mit Max Bom, Robert Oppenheimer, dem Einstein-Mitarbeiter Leopold Infeld und mit der Sekretärin des großen Forschers, Helene Dukas. Kuznecov kennt das Stoffgebiet, und er hat es auch verstanden. Es war ja die längste Zeit eine bis ins Anekdotische verbreitete Streitfrage, wie viele Experten den Sinn des Relativitätsprinzips wirklich mitgekriegt hätten. Einem, der eine blendende Abhandlung darüber veröffentlicht hatte, wurde das Lob zuteil, er gehöre zu den drei Männern, die wüßten, worum es da geht. Er soll es mit der skeptischen Frage aufgenommen haben, wer denn der Dritte sei.

Es gehört zu den Rätseln dieses ungeheuer schwierigen penkansatzes, daß Albert Einstein früh (als 3Ojähri- ger!) weltberühmt wurde, in der ganzen, nicht nur in der wissenschaftlichen Welt. Jedem Zeitungsleser war sein Name geläufig, er wurde als Jahrhundert-Genie gepriesen oder (von nationaler Seite schon vor 1933!) als Jüdischer Scharlatan“ verleumdet. Besonders in Amerika, wo er schon vor Hitlers Machtantritt (zunächst seinen Wohnsitz in Berlin beibehaltehd) eine Professur angenommen hatte, wurde er als Patriarch der modernen Wissen schäft angesehen. Nicht zuletzt aui cm befürwortendes Begleitschreiben Einsteins an Roosevelt hin wurde das Atombomben-Projekt in Angriff genommen, mit dem er ansonten nichts zu tun hatte. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches hat er in einem weiteren Brief an den Präsidenten gegen den allfälligen Einsatz der Bombe Einspruch erhoben; doch Roosevelt starb, ehe er den Brief geöffnet hatte, und die Tragödie nahm ihren Lauf. Charakteristisch der bekannte Brief einer Schülerin an den zu Lebzeiten legendär Gewordenen: „Ich schreibe Ihnen, um herauszubekommen, ob Sie wirklich existieren …“

All das kommt in dem Buch vor und weit darüber hinaus eine engagierte zustimmende Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Leistung Einsteins, diese subtil und doch möglichst eingängig erklärend: ohne die sogar von Einstein selber manchmal gefürchteten Gleichungen (er hatte später ein ganzes Team von Mathematikern zur Verfügung), in Worten den alles entscheidenden Schritt des 26jährigen von der klassischen Physik zur Speziellen Realitivitätstheorie beschreibend, den konsequenten Fortgang zur Allgemeinen Relativitätstheorie und schließlich das jahrzehntelange Ringen um .eine Einheitliche Feldtheorie. Im vierten und letzten Teil, „Parallelen“, wird Einstein kapitelweise in Beziehung gesetzt zu Aristoteles, Descartes, Faraday, Mach, Bohr, Dostojewski und Mozart (Einstein war zeitlebens leidenschaftlicher Musiker, besonders Geiger), doch im gesamten Text reicht das erstaunlich weite Netz geistiger Bezugnahmen nicht nur bis zu Hegel, Marx und Lenin, sondern z. B. auch zu zwei Zitaten aus dem Werk Hermann Hesses und so fort. B. G. Kuznecov hat sich jedenfalls die größte Mühe gegeben, und es ist der Mühe wert, solche im weitesten Sinne biographische Mühewaltung um einen ebenso originellen Menschen wię großen Forscher überprüfend zu lesen.

EINSTEIN. Von B. G. Kuznecov. Birkhäuser-V erlag, Basel und Stuttgart, 1977, 459 Seiten, öS 355,20.

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