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Alle gegen Gott?

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In einer MKV-Umfrage wird zur Lage des Religionsunterrichts an Österreichs AHS folgendes Bild gezeichnet:

43,5 % sind für eine Beibehaltung des Religionsunterrichts (1977: 51,4 %) 5,1 % sind für eine Abschaffung des Religionsunterrichts (1977: 3,3 %) 51,4 % halten Art und Inhalt des Religionsunterrichts für reformbedürftig (1977: 43,3 %) 3,1 % haben keine Meinung

Zur Zeit ist Religion ein Pflichtgegenstand mit Möglichkeit zur Abmeldung.

5,1 % aller Schüler sind gegen den Religionsunterricht, und trotzdem haben sich auch heuer wesentlich mehr Schüler vom Religionsunterricht abgemeldet! Warum?

Liegt es an den Schülern, an den Religionslehrern, an der Schulpolitik der Parteien, an einem allgemeinen Phänomen des Unglaubens in unserer Zeit?

„Kann ein Lehrer wirklich so schlecht sein, daß sich die Schüler vom Unterricht abmelden wollen?" fragte ich mich. Ich glaube eigentlich nicht. Die Gründe dürften differenziert sein: /. Abmeldung als Druckmittel des Schülers gegen den Lehrer

Die,Toleranz der Schüler gegenüber dem Lehrer ist minimal, um nicht zu sagen, nicht existent. Ein Lehrer darf sich theoretisch in acht Jahren nicht den geringsten Fehler erlauben: Er darf sich nie versprechen, darf nicht nervös werden, darf sich nicht irren... der kleinste Fehler wird „grausam" auf alle Ewigkeit von den Schülern ausgeschlachtet.

Besonders gefährdet scheint mir da der Religionslehrer, da sein Vortrag, trotz der besten Gottesbeweise etc., immer auf Widerstand stoßen wird. Ist er keine besondere Persönlichkeit, entsprechen seine Meinungen nicht den Ansichten der Schüler, wird er bald größere Probleme mit der Klasse haben. Die Schüler werden alles als Anlaß zur Kritik nehmen, und wenn diese Kritik den Lehrer kalt läßt, mit dem Austritt „drohen". Das will der Lehrer meistens verhindern und er bemüht sich besonders, den Schüler für sich zu gewinnen, sein schwarzes Schaf wieder weißzuwaschen.

Die einmalige Situation, die der Schüler erhofft, tritt ein: Der Lehrer bekniet den Schüler! sed frustra...

2. Ablehnung der Glaubenslehre. Schüler, die sich zum Atheismus bekennen

Auch'das kommt vor. Nur glaube ich nicht, daß auch nur ein Schüler, der sich heuer in Österreich vom Religionsunterricht abgemeldet hat, von sich ehrlich behaupten kann, echter, überzeugter Atheist zu sein. Denn echter Atheist zu sein ist wesentlich schwieriger als braver Durchschnittskatholik. Viele haben etwas gegen Gott, gegen die Kirche, sie lehnen vieles ab, vieles stört sie...

Aber allein, daß sie gegen Gott sind, beweist, daß sie Gott nicht leugnen. Denn du kannst nur gegen etwas sein, das du auch als existent anerkennst. Vielmehr führen persönliche und. übernommene Vorurteile zu einer Ablehnung des Glaubens. Es gibt sicher auch Schüler, die sich aus einer politischen Uberzeugung vom Religionsunterricht abmelden. Aber die kann man wohl an den Fingern einer Hand abzählen...

3. Abmeldung aus Bequemlichkeit

Wahrscheinlich der Großteil aller Abmeldungen ist darauf zurückzuführen, daß sich die Schüler ein Unterrichtsfach sparen wollen, zwei Stunden weniger Unterricht in der Woche haben, sie den Lehrer nicht mögen, daß sie sich eine Note ersparen können. Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob Noten in Religion überhaupt sinnvoll sind...

„Alle gegen Gott?" heißt dieser Artikel. Nach Untersuchung einiger Gründe liegt der Schluß nahe, daß nicht alle gegen Gott sind, sondern daß Gott den meisten egal ist.

Aus der Schülerzeitung „Löwe" (Thcresianum, Wien)

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