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Bewegungen auf dem österreichischen Medienmarkt sind seit längerer Zeit schon Bewegungen zwischen drei Pixpunkten: dem ORF, dem „Kurier“ und der „Kronen-Zeitung“. Außenseiter, wie etwa das „profil“ und der „Trend“, sind gelegentlich in der Lage, Bewegungen auszulösen, beeinflussen oder gar bewirken können sie wenig. Der Abgang einiger Journalisten vom österreichischen Wirtschaftsmagazin „Trend“ verführt nun den „Ku>rier“-Geschäftsführer Hans Sassmann zur Gründung eines Wirtschaftsmagazins, das ab Februar erscheinen soll. Ob diese Wochenzeitschrift ihren Gründern ein Erfolgserlebnis vermitteln wird, bleibt vorerst abzuwarten. Angesichts gewisser Mißerfolge der „Wochenpresse“ dürfte hier eine Portion Skepsis angebracht sein. Gedämpfte Erwartungen gründen dabei sowohl auf einem verhältnismäßig kleinen Markt wie einem unverhältnismäßig geringen Interesse des potentiellen Leserpublikums.

Wirkliches Interesse verdient die nun bereits forcierte Abwanderungswelle vom Rundfunk und vom Fernsehen. Der ORF, noch vor wenigen Jahren als Medium gefeiert, das auch seine Mitarbeiter ein wenig am Glanz der Reformwut und der Informationsexplosion teilhaben läßt, hat — jedenfalls für seine Mitarbeiter — an Zugkraft eingebüßt. Der „Star“-Reporter erkennt seine beschränkten Möglichkeiten, den Dingen auf den Grund zu gehen, der „Star“-Kommentator verliert an Wirkung, sobald er sich zeigt und spricht. Hugo Portisch mag hier die große Ausnahme sein, was aber auch an den von ihm behandelten (außenpolitischen) Themen liegen könnte, wo geschickte Selbstdarstellung offenbar die Qualität des Inhalts zu verdrängen in der Lage ist.

In der großen ORF-Zeit verstand sich dieses Medium fabelhaft auf die Akquisition auch erster Kräfte aus den Tages- und Wochenzeitungen, nun aber muß es ständige Einbußen hinnehmen: erst waren es Helmuth Pfitzner und Gerold Christian, die nach kürzerem ORF-Aufenthalt zu Tageszeitungen retirierten, nun sind Johann Kunz (in das Bundeskanzleramt) und Anton Mayer (in die Wiener Handelskammer) abgewandert. Das Interesse, sich als Journalist im Hörfunk und Fernsehen zu produzieren, ist sichtlich der Uberzeugung gewichen, daß die tägliche Zeitungsarbeit Nerven spart und ebenso große Profilierungsmög-lichkeiten bietet. Die Folgen dieser Entwicklung auf die ORF-Berichterstattung sind absehbar.

Im Zuge des Exodus einiger Journalisten vom „Trend“ und auch vom „profil“ (Georg Nowotny) hat „Kro-nen-Zeitung“-Herausgeber Falk wieder einmal den Gedanken ventiliert, eine politische Wochenzeitung zu editieren. Möglicherweise steht das Engagement des in mancher Hinsicht problematischen Georg Nowotny damit im Zusammenhang. Die Gründung eines Wochenrnagazins könnte durchaus Interesse beanspruchen, bedenkt man, daß die „Kronen-Zeitung“ schon einige Zeit eine im Magazinstil verfaßte Wochenendbeilage veröffentlicht. Die Qualität dieser Beilage steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Qualität von Ernst Trost, der dieses Mini-Magazin leitet.

Der gelegentlich verkaufsbereite „profil“- und „Trend“-Herausgeber Oscar Broraner kam jedoch der Gründung einer weiteren Wochenzeitung mit der Ankündigung des bald wöchentlich erscheinenden „profil“ zuvor. Wer freilich an die ersten Nummern des „profil“ denkt und die letzte gerade gelesen hat, kann am Erfolg dieses Vorhabens zweifeln. Der Kampf gegen Bürgermeister Slavik ist ausgestanden, eine Fortsetzung der Methode, an Personen innenpolitische Probleme abzuhandeln, ist angesichts des Mangels an gewichtigen politischen Persönlichkeiten in diesem Land eher problematisch. Geht die Sache schief, was nicht auszuschließen ist, dann weiß Herausgeber Bronner sicherlich, daß er die potentiellen Abnehmer „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ ausspielen und große Kasse machen könnte.

Obwohl Prognosen für den Zeitungsmarkt in Österreich eine äußerst problematische Angelegenheit geworden sind, läßt sich ausrechnen, daß sich schon 1974 die Zahl der herausgegebenen Blätter und der Einfluß der beiden heimischen Zeitungs-Giganten „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ erweitern wird. Ob sich ein so kleines Land wie Österreich samt seiner doch nur kurzen demokratischen Erfahrung eine oligopolistische Situation auf dem Zeitungsmarkt erlauben kann, ist schon angesichts des Niveauverlustes, den Massenauflagen (notwendigerweise?) eingehen müssen, zu verneinen. Daß die Bewegungen auf dem österreichischen Medienmarkt eine solche Entwicklung andeuten, wirft Fragen auf, deren Beantwortung dann gerade von den in diesen Zeitungen veröffentlichten Meinungen aus dem Weg gegangen wird.

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