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Alles klar am Seminar ?

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Am Seminar für kirchliche Berufe in Wien-Ober-St. Veit gab es vor fünf Jahren eine umstrittene Reform. Wie hat sich diese wichtige Ausbildungsstätte seither entwickelt?

„Dieses Haus soll ein betendes Haus sein” lautete der Hauptvorsatz des steirischen Diakons Hans Ranz, als er vor fünf Jahren im Auftrag seines Diözesanbischofs Johann Weber die Leitung des Seminars für kirchliche Berufe in Wien-Ober-St. Veit übernahm. Und daß es mit der Spiritualität innerhalb dieser Einrichtung, deren Reform damals heftig umstritten war, stimmt, dokumentieren einige geistliche Berufe in den letzten Jahren.

Am 22. Juni schließt der erste unter der neuen Leitung und nach dem neuen Lehrplan ausgebildete Jahrgang—27 Männer und Frauen aus fast allen Diözesen Österreichs — sein Studium ab. Um 11 Uhr gibt es in der Konzilsgedächtniskirche Lainz die „Sendungsfeier”. Wie sieht nun Direktor Hans Ranz die gegenwärtige Situation des Seminars?

„Es ist ein Umschlagplatz dessen, was sich heute in Österreichs Kirche tut, mit sämtlichen vorhandenen Strömungen bis hin zur feministischen Theologie, was nicht verwundern darf, schließlich hat man diesem Thema sogar eine ganze Pastoraltagung gewidmet.” Dieser Pluralismus sei durchaus positiv. Auf der anderen

Seite sei aber auch die jetzige Homogenität des Leitungsteams positiv. Und dazu komme das für eine Privatschule typische besondere Engagement des Lehrkörpers über die reine Unterrichtszeit hinaus.

Vom Niveau her fast einer Akademie gleichzusetzen, hat das Seminar offiziell den Status einer berufsbildenden mittleren Schule. Wichtigste Aufnahmebedingungen sind: vollendetes 18. Lebensjahr, Matura oder abgeschlossene Berufsausbildung, Befürwortung des Auf nahmebewer-bers durch zwei kirchliche Bezugspersonen, Erfahrung in kirchlicher Arbeit (zum Beispiel als Jugend- oder Jungscharführer) und das Einverständnis der jeweiligen Diözese.

Jeder Diözese steht aufgrund ihrer finanziellen Beteiligung am Seminar eine bestimmte Zahl von Ausbildungsplätzen zu, weshalb bereits in den Diözesen unter den Bewerbern „gesiebt” wird. Letzte Klarheit darüber, wer nun tat^ sächlich in den nächsten ersten Jahrgang aufgenommen wird — zuletzt 19 von rund 100 Bewerbern im Herbst 1984 (Ranz: „Leider müssen wir auch gute Leute abweisen”) verschaffen Interessentenseminare, an denen alle Bewerber teilnehmen müssen.

Die Ausbildung dauert vier Jahre und hat theologische, humanwissenschaftliche und praxisorientierte Schwerpunkte. „Bestens bewährt” hat sich laut Hans Ranz das zehnmonatige Praktikum in der jeweiligen Heimatdiözese im dritten Ausbildungsjahr, eine seinerzeit sehr umstrittene Einführung. Früher stand dieses Praktikum am Ende der Ausbildung, während jetzt die Erfahrungen aus dem Praktikum einerseits in Blockseminaren während dieses Jahres, anderseits noch im ganzen vierten Ausbildungsjahr im Unterricht verarbeitet werden können.

Am Ende der vier Jahre stehen schriftliche und mündliche Diplomprüfung, Sendungsfeier und die Befähigung als Pastoralassistent

• zum allgemein-pastoralen Dienst,

• zur außerschulischen Kinder-und Jugendarbeit,

• zum außerordentlichen Religionslehrer.

Absolventen können damit rechnen, sofort im kirchlichen Dienst angestellt zu werden.

Natürlich konnte die Reform vor fünf Jahren nicht alle Probleme aus der Welt schaffen. „Ein Spannungsfeld ist zum Beispiel das Verhältnis Amt - Laie”, meint Direktor Ranz: „Wenn Priester kommen und unsere Laien deutlich spüren lassen, daß sie ,nur* Laien sind, so führt das zu entsprechenden Reaktionen.”

1980 wurde die bis dahin eigenständige zweijährige Ausbildung zum Jugendleiter in den neuen Vier-Jahre-Lehrplan integriert, um die Absolventen dieses Kurses nicht auf ein enges Gebiet festzulegen und ihre Berufsmöglichkeiten zu erweitern (wobei nach wie vor viele Pastoralassistenten vorwiegend Jugendarbeit leisten). Daß es an qualifizierten Jugendleitern mangelt, liegt kaum an der jetzigen Verpflichtung, den ganzen Vier-Jahre-Kurs zu absolvieren, sondern am finanziell und räumlich bedingten „numerus clausus”.

Die Ausbildung am Seminar wird jedenfalls allgemein anerkannt. Und vor allem scheint in diesem Haus der richtige Geist zu herrschen.

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