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ALLZU VIEL AUF DER ACHSE

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(cg)-Der Verkehr und seine Entwicklung interessieren die meisten Menschen. Einer Untersuchung des ÖAMTC zufolge sind ja auch 81 Prozent der Österreicher mobil. Im Durchschnitt legt jeder Österreicher 3,5 Wege pro Werktag zurück. Was löst aber im Alltag überhaupt Ortsveränderungen aus? Die zwei wichtigsten Gründe: Erreichen des Arbeitsplatzes und der Einkaufsmöglichkeiten (siehe Graphik). Nicht jede Ortsveränderung bedeutet allerdings auch Benützung eines Verkehrsmittels. Einer Mikrozensus-Erhebung aus dem Jahr 1983 zufolge wurden nämlich 31 Prozent der Wege zu Fuß erledigt, 44 Prozent allerdings mit dem Auto und 16 mit öffentlichen Verkehrsmitteln (neun Prozent mit dem Rad).

Den größten Brocken stellen somit die Autofahrten dar. Sie kennzeichnet ein besonderes Merkmal: In mehr als 80 Prozent der Fälle sind Autofahrer werktags allein unterwegs: eine relativ sehr aufwendige Form der Beförderung. Weiters ist auffallend, daß sich ein sehr hoher Anteil dieser Fahrten über sehr kurze Distanzen abspielen: Jede vierte Fahrt führt nicht weiter als zwei, jede zweite nicht weiter als fünf Kilometer. Das sind Entfernungen, die zur Not auch zu Fuß, jedenfalls aber leicht mit dem Fahrrad zurückgelegt werden könnten.

Bedenkt man, daß bei 70 Prozent der Pkw-Fahrten maximal zehn Kilometer zurückgelegt werden, so erkennt man auch die große Umweltbelastung, die da auftritt. Denn auf kurzen Strecken wird der Motor nicht warm und verbrennt den Treibstoff besonders schlecht.

Die Verhandlungen mit der EG über den Transitverkehr durch Österreich haben das Transitproblem besonders in den Vordergrund gerückt. Auch die Öffnung der Staaten des ehemaligen Ostblocks und die Aussichten auf intensivere Wirtschaftsbeziehungen mit diesen Ländern haben das Augenmerk der Öffentlichkeit auf Fragen des Durchzugsverkehrs gelenkt.

Hier gibt es derzeit fraglos Schwierigkeiten (wenn auch erste Erfolge bei ihrer Bewältigung, siehe Seite 11) und diese werden zunehmen (siehe Seite 10). Dennoch zeigen aber gerade die Verkehrszählungen in Österreich, daß die Verkehrsspitzen vor allem in den Ballungszentren auftreten - und da an allererster Stelle im Raum Wien.

Man bedenke, daß die Autobahn in Vösendorf schon 1990 in nur eine Richtung am Tag mit der stärksten Belastung von 70.000 Fahrzeugen benützt wurde! Das sind - rechnet man mit ebenso vielen Fahrzeugen in die Gegenrichtung - 1,5 Fahrzeuge pro Sekunde 24 Stunden hindurch. Und diese Werte steigen relativ rasch. Im Raum Wien liegen die Zuwachs-

Werktagsmobilität in Österreich raten im Zeitraum 1985 bis 1990 zwischen 17 Prozent (bei den Stadtausfahrten Hadikgasse und Nordbrük-ke) und 89 Prozent (Autobahn bei Schwechat).

Daß insbesondere im Raum Wien der Straßenverkehr an Grenzen stößt, merkt jeder, der sich zu Stoßzeiten in den Verkehr stürzt. Dennoch ist mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen, wenn die Prognosen, die der ÖAMTC über die „Mobilität in Österreich 1983 bis 2011" angestellt hat, zutreffen sollten: Ein Anstieg des Motorisierungsgrades um rund ein Drittel erscheint den Experten sehr plausibel. Mit 471 Pkw je 1000 Einwohner sei dann allerdings schon fast die Sättigungsgrenze erreicht, wird in der Studie festgestellt. Fast jeder dritte Haushalt verfüge dann über mehr als ein Fahrzeug.

Und man wird sie benützen, vor allem auch in den Städten: Bis 2011 wird damit gerechnet, daß mobile Personen sogar vier Wege täglich zurücklegen werden - während im österreichischen Durchschnitt diese Zahl nur geringfügig steigen dürfte. Auch mit einer Steigerung der zurückgelegten Strecken um 21 Prozent auf 26,3 Kilometer pro Tag wird - soweit es keine gegensteuernden Maßnahmen gibt - gerechnet. Besonders starkes Wachstum zeichnet sich im großstädtischen Raum ab.

„Die Österreichische Wohnbevölkerung legt täglich 152,3 Millionen Kilometer mit allen Verkehrsmitteln zurück... Die Verkehrsleistung (nimmt) bis 2011 sehr stark zu: für Österreich um 21 Prozent, in den Großstädten Wien um zwei, in den zentralen und peripheren Bezirken um 46 bzw. 26 Prozent. Die wesentliche Ursache dieser Zunahme liegt in dem Motorisierungswachstum und der anhaltenden dezentralen Siedlungsentwicklung."

Und wie wird sich dieser gestiegene Verkehr aufteilen? „Die Verkehrsentwicklung erfährt in der Trendentwicklung bedeutende Verschiebungen. Fußgänger-, Rad- und öffentlicher Verkehr verlieren insgesamt neun Prozentanteile (relativer Rückgang von 15 Prozent) zugunsten des motorisierten Individualverkehrs (relative Zunahme 22 Prozent). Das Verhältnis... zwischen nichtmotorisiertem und öffentlichem Verkehr zum motorisierten Individualverkehr verschiebt sich vom Jahr 1983 von 58: 42 im Prognosejahr 2011 auf 49: 51," resümiert die Studie. Woraus zu erkennen ist, daß dringender Handlungsbedarf nicht nur im Interesse der Umwelt herrscht.

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