6986783-1986_29_04.jpg
Digital In Arbeit

Als in Spanien Kirchen brannten

19451960198020002020

Andre Malraux und Ernest Hemingway stellten sich in den Dienst der Republik, Paul Claudel schrieb dagegen für Franco. Der Bürgerkrieg entzweite auch zahlreiche Familien.

19451960198020002020

Andre Malraux und Ernest Hemingway stellten sich in den Dienst der Republik, Paul Claudel schrieb dagegen für Franco. Der Bürgerkrieg entzweite auch zahlreiche Familien.

Werbung
Werbung
Werbung

„Uber ganz Spanien wolkenloser Himmel.“ Diese scheinbar belanglose Wettermeldung am 18. Juli 1936, über den Radiosender Ceuta in Spanisch-Marokko ausgestrahlt, war das verschlüsselte Signal für die nationalistisch gesinnten Generäle Emilio Mola und Francisco Franco, mit ihrem Aufstand gegen die Spanische Republik loszuschlagen. In diesen Tagen jährt sich der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs, in dem sich die Spannungen zwischen dem autonomistischen und dem zentralistischen Staatsdenken, zwischen traditionell-katholischen und liberal-sozialistischen Auffassungen entluden, zum 50. Mal.

Die Gegensätze zwischen Großgrundbesitzern, Bauern und Ar-

beitern, die die Situation in Spanien in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg prägten, begünstigten den von langer Hand vorbereiteten Putsch gegen die Republik. Seit dem Sieg der „Volksfront“, die überwiegend aus Sozialisten, Sozialdemokraten und Republikanern bestand, bei den Parlamentswahlen vom Februar 1936 wurde die innenpolitische Lage durch Streiks, Kirchenschändungen und politische Morde destabi-Ksiert.

Ab dem 18. Juli 1936 schlössen sich auf dem spanischen Mutterland aufständische Militärs dem von Franco einen Tag zuvor in Spanisch-Marokko begonnenen Putsch an. Begünstigt durch die größere Schlagkraft und den Uberraschungseffekt, gelang es den rebellierenden Militärs, bis September 1936 große Teile-Spaniens unter ihre Kontrolle zu bringen. Je nach Verlauf des Aufstandes bildete sich allmählich ein republikanisches oder ein nationalspanisches Herrschaftsge-

biet. Knapp drei Jahre lang zerfleischten sich die „beiden Spanien“ in einem grausamen Bürgerkrieg, der das Land in ein Trauma stürzte, dessen Nachwirkungen erst heute langsam überwunden werden. Franco, der 1969 Prinz Juan Carlos von Bourbon zum König bestimmte, wollte, daß das Land nach seinem Tod zur Monarchie zurückkehre, behielt aber bis zuletzt alle wichtigen Regierungsämter inne. Gerade König Juan Carlos aber hat sich in der Ära nach Franco unumstrittene Verdienste um die Erhaltung der Demokratie in Spanien erworben.

Von Anfang an war das Leben in dem sich bildenden nationalspanischen Staat vom Militär geprägt. Im Oktober 1936 begannen die Aufständischen mit den Vorbereitungen eines Angriffs auf Madrid, um den entscheidenden Schlag gegen die Republik zu führen. Am 1. Oktober wurde General Francisco Franco y Bahamonde zum Staatsoberhaupt ernannt Am folgenden Tag wurde unter Vorsitz von Davila Arronde eine „administrative Junta“ gebildet. Nur die Falange und die Karlisten waren als politische Bewegungen zugelassen. Die Aufständischen vertraten einen Traditionalismus, der sich an der überkommenen Gesellschaftsordnung und der staatstragenden Funktion des Militärs orientierte und nur die katholische Kirche als geistige

Grundlage des Staates gelten ließ. Liberalismus, Parlamentarismus, Sozialismus und Anarchismus wurden als „unspanisch“ angesehen.

Nach dem ersten Ansturm konnte jedoch die Republik ihre Lage festigen. Nachdem es den Nationalisten nicht gelang, Madrid zu nehmen, suchte Franco den Erfolg im Norden gegen die Baskische Republik. Im August 1936 begannen das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland, die Aufständischen zu unterstützen. Die Zerstörung des baskischen Nationalheiligtums Guernica durch die deutsche „Legion Condor“ — später von Pablo Picasso in seinem berühmten Gemälde dargestellt — löste weltweite Empörung aus. England und Frankreich sympathisierten insgeheim mit der Republik, vertraten jedoch offiziell das Prinzip der Nichteinmischung.

Freiwillige nahmen jedoch — auch von der Sowjetunion unterstützt—auf republikanischer Seite aktiv am Kampf gegen die Aufständischen teil. In den „internationalen Brigaden“ kämpften Intellektuelle, Schriftsteller und Journalisten — unter ihnen Ernest Hemingway, George Orwell und Egon Erwin Kisch - mit der Waffe und mit ihren Publikationen für die Sache der Republik in Spani-

Die katholische Kirche stellte sich bald auf die Seite Francos. Nachdem sie miterlebt hatte, wie mit der republikanischen Verfassung von 1931 die Trennung von Staat und Kirche besiegelt worden war, identifizierte sie nun patriotische Tradition, Katholizismus und Kultur Spaniens mit den Ideen der Aufständischen. Zu-

dem hatte sich unmittelbar nach Beginn des Bürgerkriegs in den republikanischen Zonen der Haß gegen die Kirche, die jahrhundertelang auf der Seite der Oligarchie gestanden hatte, entladen. Priester, Mönche und Ordensfrauen wurden grausam verfolgt. Zwölf Bischöfe ließen hinter der republikanischen Front ihr Leben. Bis Kriegsende starben knapp 7.000 Priester, über 2.300 Mönche und rund 280 Ördens-frauen.

Vor diesem Hintergrund begann die Kirche den Aufstand zu rechtfertigen. Der damalige Erz-bischof von Toledo, Kardinal Görna, schrieb in einem Brief an Papst Pius XI. vom Kampf zwischen „Spanien und Anti-Spanien, Religion und Atheismus, christlicher Zivilisation und Barbarei“. Die heute in Spanien um

sich greifende Säkularisation und der verbreitete Antiklerikalismus haben eine Ursache in der damaligen Parteinahme der Kirche.

Dank der Hilfe durch Italien und Deutschland konnte Franco am 2. April 1939 als Sieger das Ende des Bürgerkriegs erklären. In den vorausgegangenen 33 Monaten waren 600.000 bis 800.000 Menschen ums Leben gekommen, davon mehr als die Hälfte Zivilisten. Gestützt auf Heer, Kirche, Großgrundbesitzer und die Falange-partei, ließ sich Franco 1939 zum Staatsoberhaupt auf Lebenszeit wählen. Es gelang ihm, Spanien aus dem Zweiten Weltkrieg herauszuhalten und seine Diktatur zu festigen. Als weithin unangefochtener „Caudillo“ (Führer) regierte er bis zu seinem Tod am 20. November 1975.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung