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Als Klassiker bestätigt

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Der erste Internationale Schönberg-Kongreß aus Anlaß des 100. Geburtstages des Komponisten fand als. Randveranstaltung der Wiener Festwochen regen Zuspruch.. Wäre er die wissenschaftliche Begleiterscheinung eines repräsentativen Schönberg-Musikfestes gewesen, dürfte man darob Wien und die Wiener loben. Leider aber kam ihm weitgehend kompensierende Qualität zu: nur einige Konzerte' im kleinen Rahmen waren fast die ganze musikalische Ausbeute' des Zentenars. So wird Schönbergs durch eine wahrhaft sehenswerte Ausstellung und durch die Diskussion seines Werkes geehrt, gespielt aber wird die Musik von Anton Bruckner.

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Der erste Internationale Schönberg-Kongreß aus Anlaß des 100. Geburtstages des Komponisten fand als. Randveranstaltung der Wiener Festwochen regen Zuspruch.. Wäre er die wissenschaftliche Begleiterscheinung eines repräsentativen Schönberg-Musikfestes gewesen, dürfte man darob Wien und die Wiener loben. Leider aber kam ihm weitgehend kompensierende Qualität zu: nur einige Konzerte' im kleinen Rahmen waren fast die ganze musikalische Ausbeute' des Zentenars. So wird Schönbergs durch eine wahrhaft sehenswerte Ausstellung und durch die Diskussion seines Werkes geehrt, gespielt aber wird die Musik von Anton Bruckner.

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Diskussion im eigentlichen Sinne des Wortes gab es allerdings kaum. Schömberg ist von Seiten der Musikwissenschaft als Komponist und historische Persönlichkeit längst anerkannt und eingegliedert, ja selbst die Bewertung hinsichtlich der Folgen, die er auslöste, schwankt kaum noch in der Beurteilung der fachwissenschaftlichen Gruppe, die sich zum Kongreß zusammenfand. Unumstritten ist die Konsequenz und Logik seines Weges, die Gradlinigkeit seiner Entwicklung, die Notwendigkeit seiner Entdeckungen. Die Zwölftontechnik, einst Zankapfel der Gelehrten und Ungelehrten, ist längst als abgeschlossene Methodik zur Kenntnis genommen. Thesen, wie jene, daß die nachfolgende Evolution

zur Technik des Serialismus nicht als direkte Weiterentwicklung der Dodekaphonie zu betrachten ist, werden kaum noch bestritten. Noch vor zehn Jahren hätten derartige Behauptungen wohl zur kräftigen Opposition der komponierenden Jugend geführt; heute hat sich diese Jugend auch über die serielle Kompositionsweise hinweggesetzt und zeigt kaum noch Interesse, sich der Verwandtschaft als Enkel der Wiener Schule zu rühmen.

Hingegen ist das Werk Arnold Schönbergs, analog andern großen Objekten der Musikgeschichte, Gegenstand von Untersuchungen geworden, die zwei Faktoren zu ergründen versuchen: einerseits die Ursachen der Genialität, die es her-

vorbrachte und anderseits die Gründe für die Schwierigkeiten, die sich seiner Verbreitung entgegenstellen. Bezeichnend für die intendierte Wiederentdeckung des Werkes Schönbergs als Musik für Ohren und nicht nur als Nahrung für den Geist ist die Tatsache, daß mehrere Referenten die Frage der Tonalität von Schömbergs Musik anschnitten und auch Methoden zu ihrer Erfassung wenigstens im. Ansatz bekannt machten. In ähnlichem Sinne bemühte man sich darum, die technischen Aspekte seiner Musik hintanzustellen, da sie den musikliebenden Laien abzuschrecken pflegen.

Die biographische Forschung hat soeben durch das Erscheinen der Monographie von Hans Heinz Stuk~ kenschmidt ihr Standardwerk erhalten, dem viele neue Details zu entnehmen sind. Die Situation für weiteres Eindringen in die Entstehungsgeschichte der Werke ist als überaus günstig zu bezeichnen, da sowohl das Schönberg-Archiv in Amerika als auch das Schönberg-Haus in Möd-ling, das im Rahmen des Kongresses von Unterrichtsminister Dr. Sino-watz seiner Bestimmung übergeben

wurde, wertvollstes Quellenmaterial der Forschung zur Verfügung stellen. Davon wird natürlich auch die von Rudolf Stephan betreute Gesamtausgabe profitieren.

Zeugnis von Schömbergs Persönlichkeit können heute nur hoch wenige seiner Weggenossen geben, in Wien vor allem Hans Swarowsky, der als Schüler vom Lehrer Schönberg berichtete. Den Menschen Schömberg im Kontext seiner Zeit zu begreifen, unternahmen unter anderen Reinhold Brinkmann, Läszlö Somfai, Boris Schwarz und Walter Pass. Der Formanalyse waren die Vorträge von Hans Heinz Stucken-schmidt, Robert Schollum, Ernst Waeltner, Claus Ganter gewidmet, stilistischen Aspekten die Referate von Elmar Budde und Hellmut Kühn. Carl Dahlhaus sprach über das Ausdrucksprinizip in Schönbergs Monodrama „Erwartung“ und leistete damit einen wertvollen Dis-kussionisbeitrag zum Thema Expressionismus. Eine ganze Sitzung beschäftigte sich mit der Sprachmelodie Schömbergs, die in verschiedenen Werken voneinander abweichende Konzeptionen aufweist. Hier kamen vor allem einige Praktiker zu Wort, die speziell mit dem „Pierrot lu-naire“ Erfahrungen sammeln konnten, so die Pianisten Leonard Stein und Peter Stadien sowie Friedrich Cerha. Die religiösen Aspekte in Schömbergs Schaffen wurden u. a. von Richard Hoffmann und Peter Gradenwitz angeschnitten.

Als Kuriosum wurden in einer Hörstunde von Catherine Gayer die Brettellieder, die Schönberg 1901 vor seiner Abreise nach Berlin komponierte, wohl um sie bei Wolzogens „Überbrettl“ anzubringen, als europäische Erstaufführung präsentiert, wobei Leonard Stein den Klavierpart übernahm. Diese Lieder, die stilistisch Riehard Strauss nahestehen, erhielten in der souveränen Interpretation der Sängerin den Charme und den Humor, der sie als Produkte wienerischer Liebenswürdigkeit charakterisiert.

Gerade in diesem Zusammenhang gewinnt die späte Rückkehr der Urne, die im Ehrengräberhain des Zentralfriedhofs beigesetzt wurde, einiges an Plaiusibilität. Die Anwesenheit der Nachkommen Schönbergs beim Wiener Kongreß hat desgleichen gezeigt, daß die historische Größe des Komponisten die Fährnisse seiner irdischen Existenz in den Hintergrund treten ließ.

• In seinem Heim in Altaussee starb der Schriftsteller Bruno Brehm. Seine Romantrilogie über das Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie — „Apis und Este“, ,£>as war das Ende“, „Weder Kaiser noch König“ hatten viele begeisterte, dl-levialh beeindruckte Leser. Jene Jahre, als Brehm an diesen Büchern schrieb, waren seine besten.

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