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Als Krems Geschichte machte

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Die repräsentative Reihe von Ausstellungen, die vor rwan- zig Jahren in der Doppelstadt Krems-Stein mit der Exposition von Werken des spätbarocken Malers Martin Johann Schmidt, des Kremser-Schmidts, in der Steiner Minoritenkirche ihren Auftakt hatten, fand mit dem Ende Mai eröffneten Überblick über „1000 Jahre Kunst in Krems“ einen neuen, nicht weniger glanzvollen Höhepunkt. Krems, urkundlich 995 zum erstenmal erwähnt, aber mit Sicherheit bereits in den siebziger Jahren des 10. Jahrhunderts bestehend, ist eine der ältesten Städte öster- rflJi^s ZteT rfet Äussftellüng ist- hach deh’ Wdrteii von Universitätsdozent Harry Kuhnel, dem uneimüdlicken^,,spiritus rector“ der Kremser Veranstaltungen — der Versuch, „die von der Stadt ausgehenden künstlerischen und kulturellen Bestrebungen wissenschaftlich zu bearbeiten und schaubar zu machen“.

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Die repräsentative Reihe von Ausstellungen, die vor rwan- zig Jahren in der Doppelstadt Krems-Stein mit der Exposition von Werken des spätbarocken Malers Martin Johann Schmidt, des Kremser-Schmidts, in der Steiner Minoritenkirche ihren Auftakt hatten, fand mit dem Ende Mai eröffneten Überblick über „1000 Jahre Kunst in Krems“ einen neuen, nicht weniger glanzvollen Höhepunkt. Krems, urkundlich 995 zum erstenmal erwähnt, aber mit Sicherheit bereits in den siebziger Jahren des 10. Jahrhunderts bestehend, ist eine der ältesten Städte öster- rflJi^s ZteT rfet Äussftellüng ist- hach deh’ Wdrteii von Universitätsdozent Harry Kuhnel, dem uneimüdlicken^,,spiritus rector“ der Kremser Veranstaltungen — der Versuch, „die von der Stadt ausgehenden künstlerischen und kulturellen Bestrebungen wissenschaftlich zu bearbeiten und schaubar zu machen“.

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Zu diesem Zweck — und um einen dauernden Museumsbezirk zu schaffen — wurde das ehemalige Dominikanerkloster in Krems völlig restauriert und dabei kunsthistorisch bedeutsame, ja sensationelle Entdeckungen gemacht. Seine Kirche präsentiert sich heute als der eindrucksvolle Raum einer schönen dreischiffigen, fünfjochigen, quer- schifflosen Basilika, deren älteste Bauteile aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen und an die, im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts, ein langer Chor angefügt wurde. Freskenreste, Bemalungen und die in den Wänden und Gewölben des Langhauses erneuerte Qua- derung in Terrakotte mit weißen Fugen vermitteln einen glücklichen und harmonischen Eindruck als Ahnung vom ursprünglichen Zustand des einst reichen Dekors. Im Chor wurden dabei Reste des gemalten Doppelgrabes des Herzogs Philipp von Kärnten und des Heinrich Grafen von Salm aufgedeckt, ein für Österreich bisher einzigartiges Beispiel dieser Art.

Bei der Restaurierung des Konventgebäudes führten Funde zur gänzlichen Freilegung und Restaurierung des frühgotischen Kreuzganges im Ostflügel, der nun, ir seiner Vielfalt und Fülle der Formgebung und mit den entdeckten Resten seiner Polychromie, ebenfalls in Österreich einmalig dasteht. Irr Konventgebäude wurden weiter der Kapitelsaal, das Caldarium und das Refektorium in den ursprünglicher Zustand versetzt und in den neuer Museumsbereich einbezogen. Nach Abschluß der sich über zehn Jahre hinziehenden, zum Teil technisch schwierigen Arbeiten, präsentier! sich die wiederhergestellte Kremser Dominikanerkirche, in der bisher eir Kino und die Feuerwehr untergebracht war, mit ihrer 1265 gewölbter Basilika als eines der ältesten Bauwerke ihrer Art, dem auch der zeitliche Vorrang vor den Bettelordenskirchen Deutschlands zukommt. Das Langhaus und der unikale Kreuz- gang sind, wie man heute annimmt, wahrscheinlich unter dem Einfluß einer przemyslidischen Bauschule entstanden und der Ausbau von Kirche und Kloster weisen auf die soziologisch überraschende Tatsache hin, daß bei Gründung und Ausgestaltung nicht wie sonst bei einem Bettelorden das Bürgertum, sondern in erster Linie der Adel Anteil hatte.

Die Ausstellung selbst fügt sich in Aufbau und Anordnung harmonisch in den architektonischen Gesamtkomplex ein. Sie bringt einen qualitativ beachtlichen Durchschnitt in vorzüglicher Präsentation auf angenehmste Weise zur Geltung, bereichert durch zahlreiche in- und ausländische Leihgaben. So findet man im spätromanisch-frühgotischen Langhaus und im hochgotischen Chor unter dar gotischen Tafelmalerei unter anderem den schönen „Zwettler“ — und den „Aggsbacher“- Altar von Jörg Breu dem Älteren, den „Gedersdorfer“- Altar, der unter seinem Einfluß entstand und die bemerkenswerten Bildnisse des Ehepaares Kappler. An gotischer Plastik die Steinfigur einer „Thronenden hl. Anna mit Maria“, einen eindrucksvollen „Kruzifixus“ und einen „Schmerzensmann“, die dem Kefer- markter-Altar nahestehende „Johannesschüssel“ und den wesentlichen „Lentl“-Altar. Eine schöne „Heilige Margarethe“, eine zierliche „Maria Magdalena“ und ein ausdrucksvoller „Johannes der Täufer“ sind ebenfalls erwähnenswert. Grabdenkmäler aus dem späten 15. Jahrhundert bis zum späten 18. Jahrhundert sind ebenso vertreten wie eine Auswahl der Barockplastik der Gegend aus der einige Werke von Matthias Schwanthaler und Joseph Mattthias Götz hervorragen. Die Kremser Barockmalerei wird durch Bilder aus der Familie Grabenberger repräsentiert, während die spätbarocke Malerei des 18. Jahrhunderts durch die überragende Erscheinung des „Kremser-Schmidt“, zahlreichen Zeichnungen, Ölskizzen und Büdern kleinen Formats von seiner Hand, bestens vertreten ist. Sogar der Kremser Orgelbau, der nach dem zweiten Weltkrieg von Gregor Hra- detzky mit größtem Erfolg neu belebt wurde, ist durch ein Orgelpositiv von Johann Jaspar Waitzel aus dem 18. Jahrhundert einbezogen.

Di übrigen Räumlichkeiten im Konventgebäude, das einst mit seinem Innenhof auch eine Stätte reichen städtischen Lebens war, hat man einzelnen Sachgebieten Vorbehalten. Im Kapitelsaal findet man nun Objekte aus Schmiedeeisen und Keramik, im Caldarium Urkunden, Siegel und Münzen. Das Refektorium beherbergt Geräte aus Zinn, Waffen und Glocken, während im Ostflügel des Kreuzgangs die Topographie, die städtebauliche Entwicklung und die Architektur der Stadt zur Darstellung kommen. Im Südflügel wurden Mobilar, Porzellan, schönes Glas und Kremser Uhren aufgestellt, im Nordtrakt sowie in den Räumen des Westtrakts und im westlichen Kreuzgangflügel ist eine Ausstellung von Objekten, die dem Thema „Wein und Kunst“ gewidmet sind, untergebracht.

Im Obergeschoß des Osttraktes wurden außerdem sehr günstige Räume für eine moderne Galerie geschaffen, in der nun, neben zahlreichen alten Bürgerportraits, Arbeiten von Johann Josef und Carl Schindler, besonders schöne Aquarelle von Thomas Ender und Rudolf von Alt, Werke von Kriehuber, Ranftl und Hlavacek und als versuchter Brük- kenschlag in die Gegenwart auch Arbeiten von Leopold Hauer, Carl Unger, Oskar Matulla, Anton Lehmden, Karl Korab, Rudolf Hradil, Hans Freilinger und Ernst Paar ihren Platz gefunden haben.

In einem wirklich beispielhaften Unternehmen werden so in dieser Ausstellung 1000 Jahre Geschichte und Kultur der Stadt Krems lebendig und anschaulich gemacht, während ein äußerst umfangreicher und gründlichst gearbeiteter Katalog ein ausgezeichnetes Handbuch der Kunst und Kultur von Krems beisteuert.

Für die Schaffung dieses einzigartigen Museumsbereiches, der durch eine Parkanlage ergänzt wurde und nun auch das „Institut für mittelalterliche Realienkunde Österreichs“ und die Kulturverwaltung der Stadt aufnimmt, muß man den Initiatoren — in einer Zeit, in der in Österreich wo anders unersetzliche Kulturdenkmäler willkürlich zerstört werden — besonders dankbar sein. Die Stadt Krems und ihre Bürger haben damit ein echtes Ruhmesblatt in ihre Geschichte eingefügt.

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