6894831-1980_07_08.jpg
Digital In Arbeit

Als Soldat Diener der Sicherheit sein

19451960198020002020

„Es ist ja wirklich noch nicht so lange her, seit die Kirche Waffen gesegnet hat... Nach wie vor haben wir Militärseelsorger, nach wie vor haben wir Militärbischöfe, ich weiß nicht, ob sich die so schnell ihren Spaß an der Waffensegnung abnehmen lassen werden." Diese Worte sprach unlängst eine katholische Journalistin in einer Hörfunksendung. Die so angesprochenen Universitätsprofessoren - beide sind Priester - haben zu dieser längst widerlegten Behauptung aus der Mottenkiste der Kirchengegner geschwiegen. Dieser bedauerliche Vorfall veranlaßt mich, im Rahmen des von der FURCHE angeregten „publizistischen Gesprächs" grundsätzlich auf die Bedeutung und Aufgabe der Militärseelsorge einzugehen, soweit dies im gegebenen Rahmen möglich ist.

19451960198020002020

„Es ist ja wirklich noch nicht so lange her, seit die Kirche Waffen gesegnet hat... Nach wie vor haben wir Militärseelsorger, nach wie vor haben wir Militärbischöfe, ich weiß nicht, ob sich die so schnell ihren Spaß an der Waffensegnung abnehmen lassen werden." Diese Worte sprach unlängst eine katholische Journalistin in einer Hörfunksendung. Die so angesprochenen Universitätsprofessoren - beide sind Priester - haben zu dieser längst widerlegten Behauptung aus der Mottenkiste der Kirchengegner geschwiegen. Dieser bedauerliche Vorfall veranlaßt mich, im Rahmen des von der FURCHE angeregten „publizistischen Gesprächs" grundsätzlich auf die Bedeutung und Aufgabe der Militärseelsorge einzugehen, soweit dies im gegebenen Rahmen möglich ist.

Werbung
Werbung
Werbung

Im Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe „Christus Dominus" sagt das Zweite Vatikanische Konzil: „Da auf die geistliche Betreuung der Soldaten wegen ihrer besonderen Lebensbedingungen eine außerordentliche Sorgfalt verwendet werden muß, werde nach Möglichkeit in jedem Land ein Militärvikariat errichtet. Sowohl der Militärbischof als auch die Militärpfarrer mögen sich in einträchtiger Zusammenarbeit mit den Diözesanbischöfen eifrig dieser schwierigen Arbeit widmen. Deshalb sollen die Diözesanbischöfe dem Militärbischof genügend Priester zur Verfügung stellen, die für diese schwere Aufgabe geeignet sind. Gleichzeitig seien sie allen Bemühungen, das geistliche Wohl der Soldaten zu fördern, gewogen" (Nr. 43).

Soldat und Militär sind heute nur im Zusammenhang mit der Sicherung des Friedens vertretbar. Darum betont wiederum das Zweite Vatika-num in der Konstitution über die Kirche in der Welt von heute: „Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und der Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaftig zur Festigung des Friedens bei" (Nr. 79).

Über kein Thema habe ich in den zehn Jahren meines pastoralen Dienstes als Militärbischof innerhalb des Bundesheeres so viel sprechen können wie über den Zusammenhang von Soldat und Frieden. Man würde die neue Formel vom Friedensdienst des Soldaten jedoch gründlich mißverstehen, wollte man darin nur so etwas wie eine zeitgemäße Rechtfertigung für die Tatsache sehen, daß es immer noch Militär und Soldaten gibt. Beim Konzil, an dem ich ja teilgenommen habe, liefen die Dinge in einer umgekehrten Reihenfolge.

Die Bischöfe haben zunächst die Förderung des Friedens und den Aufbau der Völkergemeinschaft als vordringliche Aufgabe der Menschheit unserer Tage erkannt und bezeichnet. In diesem Zusammenhang stellte sich dann allerdings auch die Frage nach dem Dienst des Soldaten, denn bei unseren Überlegungen zeigte sich, daß auch die bewußte und geplante Friedensarbeit und Friedenspolitik die Friedenssicherung brauchen. In diesem Sinn, sagt darum das Konzil, leistet der Soldat einen Beitrag zur Sicherung des Friedens.

Auch die Militärseelsorge wendet sich, wie jede Seelsorge, an den Menschen. Sie ist weder eine militärische Einrichtung noch dient sie militärischen Zwecken. Sie will Hilfen anbieten, wie sich die Soldaten in den durch die Eigenart des nfulitärischen Dienstes bestimmten Lebensfragen als katholische Christen bewähren können.

Die Militärseelsorge hat sich in der Vergangenheit hie und da der Verdächtigung ausgesetzt gesehen, sie habe sich staatlichen Interessen untergeordnet, sie sei in Abhängigkeit geraten. Zumeist beruht diese Kritik auf Unkenntnis, auf der Unkenntnis der vollen und durch das Konkordat abgesicherten Eigenständigkeit der Militärseelsorge.

Vielleicht ist gerade den Militärgeistlichen besonders deutlich bewußt, daß Seelsorge zunächst nicht die Veränderung von Verhältnissen zum Ziel hat, sondern den Menschen und sein Heil. Ich möchte aljen Mili-tärpfarrern an dieser Stelle aufrichtig danken, daß sie, mancher Verkeri-nung und auch mancher-Verdächtl gung zum Trotz, an diesem kirchlichen Auftrag festgehalten haben und festhalten.

Jesus Christus ist, wie es im Glaubensbekenntnis heißt, Mensch geworden „für uns Menschen und um unseres Heiles willen". Das möchte ich gleichsam die Kurzformel aller Seelsorge, auch der Seelsorge im militärischen Bereich nennen. In diesem Sinne haben die Militärpfarrer in der Glaubensverkündigung, in der Sakramentenspendung und in ihrer Sendung als Vorsteher der Gemeinde die gleiche Aufgabe und Verantwortung wahrzunehmen wie ihre Mitbrüder im Bereich der zivilen Seelsorge.

Wenn es heute in besonderer Weise Aufgabe der Kirche sein muß, ob gelegen oder ungelegen, als Anwalt echter Menschlichkeit aufzutreten, mitzuhelfen, daß der Mensch Mensch werde und Mensch bleibe, dann gilt das auch im besonderen Maße für die Militärseelsorge. Ich weiß, daß dieser von der Militärseelsorge geleistete Dienst von den Soldaten und vom Staat gewünscht und unterstützt wird.

Die Militärseelsorge legt Wert darauf, dafür Sorge zu tragen, daß die Soldaten nicht als Objekt behandelt werden. In der Welt von heute müssen ja alle Seelsorger dafür sorgen, daß die Christen in ihrem privaten und im öffentlichen Bereich als Subjekt handeln und bestehen.

Die Militärseelsorge bemüht sich auch, die aktive Mitverantwortung der Laien in der Kirche ernst zu nehmen. Dazu wurden in allen Militärpfarreien Pfarrgemeinderäte errichtet, die als beratendes Organ in allen militärseelsorglichen Angelegenheiten dem Militärpfarrer zur Seite stehen. Die Funktion der Katholischen Aktion im Bundesheer nimmt die „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten" wahr.

In diesen Gremien wird das begriffen und praktiziert, was das Zweite Vatikanische Konzil mit den Worten formuliert hat: „Sache der Laien ist es, kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen" jKonstitu-tioh über die Kirche Nr.'31):: Auf diese' Weise will die Militärseelsorge mithelfen, daß die Menschen im österreichischen Bundesheer sich jener Freiheit erfreuen können, die es ihnen ermöglicht, für ihre Person als Christen zu leben, Kirche zu sein und ihren spezifischen Auftrag zur Gestaltung der öffentlichen Verhältnisse zu leisten.

Selbstverständlich bemühen sich die Militärgeistlichen über das geistliche und seelsorgerische Angebot von Gottesdiensten, Sakramentenspendung und Unterricht in Lebens-' fragen hinaus auch um die Sorgen und Nöte der Mitglieder ihrer Soldatengemeinden im privaten und familiären Bereich.

Diese kurzen Ausführungen mögen genügen, einsichtig zu machen, daß Militärseelsorge wahrhaftig anderes zu tun hat, als sich „mit der Waffensegnung einen Spaß zu machen". Ich habe als Soldat die Schrecken des letzten Weltkrieges kennenlernen müssen. Wie dankbar war ich in diesen Jahren, daß ich dann und wann auch in vorderster Front die Wohltat der militärseelsorglichen Betreuung erfahren durfte. Jedermann wird begreifen, daß ich deshalb kein Verständnis aufbringen kann für eine unsachliche und unseriöse Berichterstattung.

Der Friedensdienst des österreichischen Soldaten wird über das vorhin Gesagte hinaus noch zusätzlich untermauert durch den freigewählten Status der immerwährenden Neutralität. Als mir vor einigen Jahren ein hoher General des österreichischen Bundesheeres - wir waren einst zusammen Schüler im selben Stiftsgymnasium - die Frage stellte: „Lieber Bischof, sag mir ehrlich, kann ich als Katholik mit gutem Gewissen die Uniform eines österreichischen Soldaten tragen?", habe ich guten Gewissens geantwortet: „Ja, Herr General, das kannst Du."

Diese Antwort hat ihre Gültigkeit nicht nur für den General, sondern für jeden Uniformträger des österreichischen Bundesheeres.

Bischof Franz Zak ist Militärvikar für Österreich, in der nächsten Folge wird) ein Angehöriger der kritischen jungen Generation das Wort erhalten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung