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Alter Mullah

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Seit es im Frühjahr 1970 zu einem Abkommen über die begrenzte Autonomie der von den Kurden bewohnten Gebieti innerhalb des irakischen Staatsverbandes kam, wurde es ruhig im „wilden Kurdistan“. Kurdenführer General Mustafa Mullah el-Barsani wurde nominell einer der Vizepräsidenten der Republik seines Bagdader Generalskollegen Achmed Hassan el-Bakr.

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Seit es im Frühjahr 1970 zu einem Abkommen über die begrenzte Autonomie der von den Kurden bewohnten Gebieti innerhalb des irakischen Staatsverbandes kam, wurde es ruhig im „wilden Kurdistan“. Kurdenführer General Mustafa Mullah el-Barsani wurde nominell einer der Vizepräsidenten der Republik seines Bagdader Generalskollegen Achmed Hassan el-Bakr.

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Die Einigung von 1970 schien die Auseinandersetzung endlich zu beenden. Doch im August 1972 behauptete man plötzlich von kurdischer Seite, die Bagdader Regierung versuche durch riesige Landkäufe die Kurden aus ihren Siedlungsgebieten zu vertreiben, sie stehe hintei der Aufstellung einer oppositionellen kurdischen Nationalgarde unc habe Pläne ausgearbeitet zur Ermordung des Kurdenführer el-Barsani.

Die Stichhaltigkeit dieser Vorwürfe ist nicht nachprüfbar. Docr Kenner kurdischer Verhältnisse schließen aus ihnen auf einer Machtkampf um die Nachfolge des alternden Mullahs als wirkliche Ursache der neuen Verwicklung im „wilden Kurdistan“.

El-Barsani hat sich stets geweigert, die Autonomie als endgültiges Ergebnis des fünfzigjährigen Befreiungskampfes seines Volkes zu akzeptieren. Er strebt nach wie vor nach einem unabhängigen Staat Kurdistan unter Einschluß aller in den Nachbarländern lebenden 13 Millionen Kurden. Schon vor längerer Zeit regte sich in der kurdischen Jugend Widerstand gegen diese Utopie. Zu ihrem Wortführer wurde der Linkspolitiker Talabani. Der alte Mullah verfolgte ihn als Verräter. Kürzlich ließ er auch den Chef der kurdischen Minderheitspartei im Libanon, Dsehamil Machu, festsetzen.

Der Kurdengeneral bangt um seine Macht, doch das ist zweifellos nicht sein einziges Motiv. Die Sowjetunion hat sich von ihm abgewandt. Nach dem Abschluß des Freundschafts- und Beistandspaktes mit dem Irak ist die kurdische Sache für sie Vergangenheit. Die Kurden, wenigstens die alten Mitkämpfer el-Barsanis, rüsten sich wieder einmal für einen neuen Kampf. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Niemand kann hoffen, fünf Staaten zwingen zu können, auf Teilen ihres Territoriums ein neues Land zuzulassen. Und die Kurden sind müde geworden. Für sie genügt die Bagdader Versicherung, man werde die legitimen nationalen Rechte der kurdischen Minderheit respektieren, als Uberlebensgarantie. Nur in der Felsenhöhle von er-Rania träumt man noch vom Endsieg in Kurdistan ...

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