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Alternativen

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Zwentendorf ist „tot“, gut, aber das kann ja nicht alles sein. Zwei Monate nach Tschernobyl sieht es freilich so aus, als hielte man diese Simpeldiagnose bereits für ein neues Energiekonzept.

Damit die Verantwortlichen in den Urlaub eine kleine Denksportaufgabe mitnehmen können, sei ihnen vorgeschlagen, sich für eine der folgenden drei Möglichkeiten zu entscheiden. Eine vierte gibt es nicht.

Variante eins: Man geht her und erklärt, daß alles so weitergehen soll wie bisher. Das setzt die Uberzeugung voraus, daß nie mehr ein Reaktorunfall wie in Tschernobyl oder gar ein ärgerer passieren kann. 370 Kernreaktoren sind weltweit in Betrieb, aber keiner wird uns je mehr durchgehen.

Wer sich dafür entschließt, muß dafür auch die Verantwortung übernehmen, also die Folgen seines Handelns einstehen. Wer das kann und will, soll es sagen.

Option zwei lautet: Wir erklären feierlich, daß Tschernobyl nur im Osten vorkommen konnte. Westreaktoren sind sicherer, besser, verläßlicher, menschliches Versagen kommt außerdem bei uns nicht vor — also bleibt der Westen bei der friedlichen Kernkraftnutzung.

Wer das behauptet, beweist Selbstbewußtsein, hat unter Wackersdorf-Demonstranten nichts zu suchen, muß dann aber für die Schließung der 24 Technikmonster, die weiterhin im Ostblock Atomkerne spalten, agitieren und demonstrieren. Ist man so konsequent?

Die dritte Möglichkeit besteht darin, zu bekennen, daß man die Risken der Kernenergie vielleicht doch unterschätzt habe, die Verantwortung für die Folgen weiterer Betriebsunfälle sowie der Endlagerungsproblematik eigentlich niemand übernehmen könne und man daher einen schrittweisen Ausstieg aus dieser Energieform weltweit gemeinsam planen sollte.

Immer war die Kernenergie ja als Ubergangsenergie bis zur kommerziellen Erschließung unbeschränkt verfügbarer Energieträger (Wasserstoff, Sonne) gedacht. Man müßte also trachten, die Ubergangszeit zu verkürzen, mehr Kraft und Geld in die Erschließung dieser Energiequellen zu investieren und bis dahin Energie effizienter zu nutzen, Wasserkraft schonend auszubauen und die Energieträgermixtur systematisch umzustellen.

Für einen von diesen drei Wegen müssen sich die Politiker entscheiden. Mit Wu-du-Magie, wo Kienspanideologen und Atommaulhelden einander mit Zauberformeln bekriegen, geht's auf Dauer nicht.

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