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Am Ende — der Tod

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Im Jahre 1910 betrug der Anteil der über 60 Jahre alten Menschen an der österreichischen Gesamtbevölkerung 9 Prozent, 1934 waren es 12 Prozent, 1951 15 Prozent und heute sind es bereits fast 20 Prozent oder 1,5 Millionen Menschen. Fachleute sind der Ansicht, daß die über 60 Jahre alten Leute in 10 Jahren fast 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen werden.

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Im Jahre 1910 betrug der Anteil der über 60 Jahre alten Menschen an der österreichischen Gesamtbevölkerung 9 Prozent, 1934 waren es 12 Prozent, 1951 15 Prozent und heute sind es bereits fast 20 Prozent oder 1,5 Millionen Menschen. Fachleute sind der Ansicht, daß die über 60 Jahre alten Leute in 10 Jahren fast 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen werden.

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Unter den Bundesländern weisen Wien mit 25 Prozent und Nieder-österreich mit 19 Prozent den größten, Salzburg, Kärnten, Tirol mit je 14 Prozent und Vorarlberg mit 13 Prozent den geringsten „Betag-tenanteil“ auf.

Nach einer empirisch-soziologischen Untersuchung sind drei Aspekte für die Darstellung der Le-benssdtuation des alten Menschen in der modernen Industriegesellschaft maßgeblich:

• der physische Aspekt: Das Altern stallt einen raaturnotwendigen, biologischen Vorgang dar. Der Alitensvorganig salbst ist an die Organisation des Körpers gebunden, beginnt mit der Konzeption und endet mit dem Tod. Im Zuge dieses Vorgangs werden die Menschen nacht nur älter, sondern auch täglich anders. Obwohl die körperlichen Erkrankungen der Alten eher abnehmen, ist eine ständige Zunahme der psychischen Erkrankungen festzustellen.

• Dar psychische Aspekt: Neben den somatischen Erkrankungen sind es psychische Faktoren, die im Bereich der alten Menschen zu großen Problemen führen. An erster Stelle ist hier die Vereinsamung zu nennen, die vor allem nach dem Gattenverlust entsteht. Der alte Mensch leidet unter mangelnder Komtaktfähigkeit. Ein weiterer Umstand, der eine giToße psychische Belastung nach sich zieht,“ ist der Verlust der Wohnung. Die alten Menschen wollen in ihrer gewohnten Umgebung, in ihrer Wohnung, ihrem Lebensraum verbleiben.

Schließlich ist die Pensionierung ein wichtiger psychischer Faktor, der im Leben eines älteren Menschen eine ganz besondere Rolle spielt. Die moderne Arbeit stellt sich als Grup-penarbedt dar und liefert damit ein breites Feld zur sozialen Kontaktbildung. Durch die Pensionierung wird dieses Feld zerstört und der Pensionist allein gelassen.

• Der gesellschaftliche Aspekt: Im Leben des alten Menschen stehen drei Tatbestände im Vordergrund, nämlich die Beziehung zur Familie, das Verhältnis zu Arbeit und Beruf und die Beschäftigung in der sogenannten „Freizeit“.

8 Prozent auf sich selbst gestellt

Erschütternde Fakten über die Lebenssituation alter Menschen in Österreich erfährt man aus derselben Untersuchung. So erhalten

Von den Sechzigjährigen an kommen 29 Prozent bei vielen Dingen nicht mehr allein zurecht, ergab eine Repräsentativ-Umifnage, die im Februar 1972 durchgeführt wurde. Gewerbetreibende und Bauern, bei denen die Arbeit im Alter noch eine wichtige Rode spielt, empfinden das Schwinden der körperlichen Kräfte besonders stark. Mahr als 40 Prozent meinen, sie kämen allein nicht mehr zurecht. Ein Drittel der alten Leute, die allein, also in Einpersonenhaushalten leben, sagen, daß sie bei-vielen Dingen nicht mehr allein zurecht kämen. (Das sind in Wien rund 35.000 Menschen.)

Die Ergebnisse diverser empirischer Untersuchungen unterstreichen die These, daß die räumliche Trennen Kindern gemeinsam in einer Wohnung leben sollten. Nur 6 Prozent meinen, der Abstand zwischen Alt und Jung solle möglichst groß sein.

91 Prozent der Befragten, deren ältere Angehörige in der Nähe wohnen, halten das auch für die beste Wohnfonm. Nur ein Fünftel derer, die mit ihren älteren Angehörigen im gleichen Haushalt leben, wollen das auch. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) hätten Heber eine getrennte Wohnung im gleichen Haus.

Ein wichtiger Faktor für alte Menschen, die Nähe der Kinder zu suchen, ist ihr Gesundheitszustand: 66 Prozent der über siebzig Jährigen, die nicht mehr allein zurechtkommen, wollen mit den Kindern zumindest im gleichen Haus wohnen. Von denen, die keine Schwierigkeiten haben, sind es nur 46 Prozent.

Mit der Problematik der alten Menschen in Österreich befaßte sich kürzlich die Volkspartei in einer ganztägigen Enquete, die unter dem Motto „Menschliches Altern“ in der

33 Prozent, also ein Drittel der alten Menschen in einem Zeitraum von zwei Wochen keinen Besuch 8 Prozent werden einmal pro Woche besucht, 15 Prozent zweimal und 19 Prozent dreimal. Nur ein Fünftel der Alten kann mit einem täglichen Besuch ihrer Kinder, Enkel, Verwandten oder Bekannten rechnen.

Auf die Frage, wer ihnen Hilfe im Haushalt besorgt, antworteten 36 Prozent der Befragten, daß sie auf fremde Hilfe angewiesen seien. 26 Prozent finden bei ihren Kindern Unterstützung, 12 Prozent bei anderen Verwandten, 12 Prozent bei Bekannten und 6 Prozent bei Nachbarn. 8 Prozent der Befragten sind völlig auf sich selbst angewiesen. nung zwischen Großeltern und Kin-derfamilien keineswegs soziale Spannungen nach sich zieht, vielmehr die sozialen Kontakte innerhalb der Familie stärkt. Alt und Jung streben getrennte Wohnungen an, wollen aber dennoch harmonische Beziehungen unterhalten.

So ergab die oben erwähnte Umfrage, daß 42 Prozent der Bevölkerung dafür sind, daß die Generationen in getrennten Wohnungen, aber im gleichen Haus oder im gleichen Stadtviertel (In der gleichen Ortschaft) wohnen. (Wien: 63 Prozent gleiches Stadtviertel, 27 Prozent gleiches Haus.) 10 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, daß alte Menschen mit ihren erwachse-

Wiener Arbeiterkammer abgehalten wurde. Damit wunde erstmals in Österreich der Versuch unternommen., im politischen Bereich Maßnahmen und Vorschläge zur Lösung des Altenproblarns zu erarbeiten.

Wie weit diese Vorstellungen politisch umgesetzt werden, steht noch nicht fest. Jedenfalls will die Opposition ein „Maßnahmenpaket“ zusammenstellen, das realisierbar ist. In der Zwischenzeit wird bekannt, daß auch das Sozialmini-steriuim an ähnliche Vorhaben herangeht. Es steht zu erwarten, daß es nunmehr zu einem Wettlauf (nicht zuletzt um die Wählengunst der aMen Leinte) kommt.

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