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AM INTEGRATIONSPROZESS MITARBEITEN

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In der Sozialpolitik der Europäischen Gemeinschaft nimmt das Recht auf Gleichbehandlung, und im besonderen das Recht auf Gleichbehandlung der Geschlechter einen hohen Stellenwert ein. Im Rahmen der europäischen Sozialpolitik ist Gleichbehand-lungspolitik von höherem Stellenwert als dies oft in den Nationalstaaten der Fall ist.

So ist der Grundsatz der gleichen Entlohnung von Frauen und Männern bereits seit seinem Bestehen im EWG-Vertrag enthalten. Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz ist erst von späterem Datum und auch seine Novellierung erfolgt vor allem vor dem Hintergrund der österreichischen Integrationsziele.

Klagerecht

Auf der Grundlage dieses Prinzips hat die EG auch bereits weitere Bestimmungen erlassen, wie Gleichbehandlung von Frauen bei Antritt einer Beschäftigung oder Beendigung eines Dienstverhältnisses, beim innerbetrieblichen Aufstieg sowie bei der Weiterbildung und bei den Arbeitsbedingungen.

Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts dürfen auch nicht in den Sozialversicherungssystemen der Mitgliedsländer bestehen, auch nicht für selbständig tätige Frauen.

Über die Einhaltung dieser europäischen Bestimmungen wacht die EG-Kommission, die die Mitgliedsländer, die dieses Europarecht nicht umsetzen, beim Europäischen Gerichtshof anklagt (Vertragsverletzungsklage). Gerade was das Frauen-recht beziehungsweise dessen Umsetzung betrifft, hat die EG-Kommission bereits gegen alle Mitgliedsländer Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet - was den EG-Mitgliedsstaaten nicht gerade ein positives Zeugnis ausstellt: Gesetze, die sie zugunsten der Frauen schufen, werden von ihnen selbst nicht eingehalten.

Die österreichische Rechtslage ist derzeit nicht EG-konform, obwohl

Österreich sein Gleichbehandlungs-gesetz erst voriges Jahr in Hinblick auf die Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und im Hinblick auf den möglichen EG-Beitritt novelliert hat. Der harte Kern, nämlich entsprechende Strafen, wenn gegen das Gesetz verstoßen wird und Frauen durch Diskriminierung zu Schaden kommen, konnte letztlich doch nicht im Nationalrat beschlossen werden, obwohl das Sozialressort eine entsprechende Novelle vorbereitet hatte.

Es kann jedoch sicherlich nicht zielführend sein, ein Gesetz zu erlassen, dessen Nichteinhaltung nicht adäquat bestraft wird, so verurteilten Betrieben würden dadurch letztlich keine Nachteile entstehen. Auf die Angemessenheit einer Sanktion in diesem Zusammenhang hat auch der Europäische Gerichtshof hingewiesen. Wichtig und notwendig wäre es daher, diese Verbesserungen baldigst in Österreich vorzunehmen.

Verbesserungen der österreichischen Sozialgesetzgebung in Hinblick auf die EWR-Teilnahme Österreichs wären in nächster Zukunft auch dort wichtig, wo es um gesundheitsgefährdende Arbeiten in der Nacht, insbesondere in Zusammenhang mit Schwerarbeit, geht. Gesundheitsgefährdende Nachtarbeit ist für beide Geschlechter gesetzlich zu regeln. Nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer sollte es für eine Reihe klar definierter Bereiche ein Nachtarbeitsverbot geben. Daher hat Österreich auch das Nachtarbeitsverbot für Frauen im Rahmen des EWR-Vertrages aufrechterhalten. Für alle betroffenen Frauen muß ein entsprechender Schutz gewährleistet werden und bleiben.

Mitspracherecht sichern

Versucht man vorerst ein kurzes Resümee über die Auswirkungen einer EWR-Teilnahme - und eines späteren EG-Beitritts - auf die Rechte der österreichischen Frauen zu ziehen, so ist klar, daß eine so umfassende Novellierung des österreichischen Gleich-behandlungsgesetzes ohne „Zielsetzung europäischer Integration sicherlich nicht so rasch zu erreichen gewesen wäre". Ein noch weiterreichender Schritt wäre Österreichs EG-Beitritt. Österreichs Frauen würde dies vor allem ein stärkeres Mitspracherecht sichern. Im FallederMißachtung ihrer Rechte könnten sie sich direkt an den Europäischen Gerichtshof wenden (Individualrechte). Die Teilnahme Österreichs am europäischen Integrationsprozeß könnte für die Zukunft eine Reihe von Verbesserungen für die Frauen bringen, wenn sie sich aktiv an diesem Prozeß beteiligen. Die Autorin ist Leiterin der Abteilung für europäische Integration im Sozialministerium.

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