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Amerika schlägt zurück

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Die Vorstellung, Technologie, Organisationskraft, Energie und Ressourcen von USA, Kanada und Mexiko zu poolen, fasziniert seit langem. Einmal war es fast schon so weit: Im Zweiten Weltkrieg lieferte Mexiko der großen US-Kriegsmaschinerie Ressourcen zu, und Kanada zog als Commonwealth-Verbündeter gegen Deutschland und Japan mit

Nach dem Krieg versteifte sich Mexiko allerdings wieder auf seinen Wirtschaftsnationalismus, der Abschottung und Introversion bedeutete. Verstärkt wurde diese Haltung, als mexikanische Intellektuelle zu den Vordenkern der Dritten Welt wurden. In den siebziger Jahren mündete dies in die scharfe „Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten". Diese versuchte Nationalisierungen von Bodenschätzen und Industrien zu völkerrechtlichen Maximen zu machen.

Dennoch versuchte Washington damals erneut, die Freihandelszone aufs Tapet zu bringen. Denn in Mexiko sprudelte plötzlich das Erdöl: Ein industrielles Nordamerika, nämlich die USA und Kanada, das auf die Kohlewasserstoffe Mexikos zurückgreifen könnte, wäre von der OPEC und dem Dritte-Welt-Block völlig unabhängig geworden. Weiters, kalkulierten die' US-Geopolitiker, würden die schärfsten Konkurrenten, Westeuropa und Japan, auf diese Weise unter Kontrolle bleiben. Mexiko blockte damals ab'.

Seine Außen-und Handelspolitik blieben bei Isolation

Ihren absurden Höhepunkt erfuhr diese mexikanische Politik, als 1 98 1/82 die mexikanische Zahlungskrise eihsetzte. Die damalige Präsidentschaft reagierte mit der besonders krassen Verstaatlichung der Banken (die derzeit mühsam rückgängig gemacht wird). Es muß

ten also noch einige Jahre vergehen, bevor Mexiko die Idee der Freihandelszone zu bedenken begann. Erst die jetzige Präsidentschaft Carlos Salinas de Gortari brachte Köpfe in Beratungsfunktionen, die über den nationalistischen Schatten hinwegarbeiten. Selbst dem neuen Technokraten-Team war die US-Schiene zunächst nicht geheuer, aber die „ verlorene Dekade" der achtziger Jahre zwang zu radikalem Umdenken: will Mexiko sich in den neunziger Jahren erholen, muß es sich die USA vorspannen lassen

lJnd auch in Washington wird die alte Idee mit frischer Verve aufgegriffen, weil man zwar den Kalten Krieg gewonnen, aber das Akzentesetzen an Japan und Westeuropa verloren hat. Eine nordamerikanische Handelszone, so hofft man in den USA, würde wieder verhandlungsstark und autonom machen - schließlich wäre es eine Zone mit Technologiekapazität, Ressourcen

und 335 Millionen Konsumenten. Der Freihandel USA-Kanada besteht schon. Die Verhandlungen USA-Mexiko werden jetzt vorbereitet; man hofft auf einen Gesprächsbeginn nach dem nächsten Treffen Bush-Salinas im Dezember. Wie so ein Vertrag im Detail ausseheri soll, ist allerdings unklar, denn die USA wollen zwar alle Ha-ndelsbarrieren abgebaut wissen, aber ihren eigenen Arbeitsmarkt nicht für Mexikaner öffnen.

Offen ist auch die Frage, ob Mittelamerika in so eine Freihandelszone miteinbezogen wird. Für die USA, die ihren „Vorhof" als Sicherheitszone unter „Caribbean Basin" geopolitisch zusammenfaßt, sind solche Spekulationen durchaus realistisch. Für die mittelamerikanischen Länder - so klärte der jüngste Gipfel in Guatemala, an dem zum ersten Mal Nikaragua durch Präsidentin Chamorro vertreten war - sind solche Spekulatipnen tabu. Vorerst wollen sie sich auf ihren aus den fünfziger Jahren stammenden „Gemeinsamen Markt" besinnen.

Da dieser bisher nie richtig funktioniert hat, könnte sich allerdings · aus der vagen Absichtserklärung der mittelamerikanischen Präsidenten, „neue Formen der Assoziation mit anderen Länderblöcken" zu suchen, ein Nachdenken über eine „Nordamerikanische Freihandelszone", die im Süden bis Panama reicht, entwickeln.

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