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Amerikas Wende zum neuen „Wir"-Gefühl

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Geben ist besser als Nehmen. Miteinander ist besser als egoistisches Gegeneinander. Das war die erfolgreiche Kernbotschaft Bill Clintons an die amerikanischen Wähler. Ein Anzeichen für eine entsprechende geistige Kultur ist der „Kommunitarismus", das neue „Wir"-Denken in Amerika.

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Geben ist besser als Nehmen. Miteinander ist besser als egoistisches Gegeneinander. Das war die erfolgreiche Kernbotschaft Bill Clintons an die amerikanischen Wähler. Ein Anzeichen für eine entsprechende geistige Kultur ist der „Kommunitarismus", das neue „Wir"-Denken in Amerika.

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Nach seinem Sieg appellierte der zukünftige US-Präsident Bill Clinton an seine Landsleute, nicht nur ans Nehmen, sondern auch ans Geben zu denken, „sich nicht nur um sich selber zu kümmern, sondern für andere zu sorgen...Wir brauchen ein neues Gemeinschaftsgefühl.. .Wenn wir kein Gemeinschaftsgefühl haben, wird der amerikanische Traum weiter schmelzen..." Und: „Zusammen werden wir es schaffen..."

Clinton setzt mit gutem Grund massiv auf ein neues Solidaritätsbewußtsein seiner Landsleute. Er wird es brauchen können, will er im nächsten Jahr tatsächlich die notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Reformen angehen.

Zu tun ist genug, das wissen die Amerikaner. Ihre kapitalistische „Gesellschaft im Uberfluß" hat Mangelerscheinungen. Die Wirtschaft springt nicht an, Firmen krachen reihenweise zusammen, die Infrastruktur ist teilweise in einem katastrophalen Zustand, die Industrie in einigen Branchen nicht mehr wettbewerbsfähig. (So kommen beispielsweise technologischen Wunderwerke längst aus Fernost.) Das hat Folgen, auch für die öffentlichen Finanzen und die soziale Entwicklung. Das Haushaltsdefizit ist in die Höhe geschnellt, die Schere zwischen Arm und Reich ist groß geworden.

Diese von vielen als unbefriedigend empfundene wirtschaftliche Lage war sicherlich ausschlaggebend für den Erfolg des Demokraten Clinton. Mag sein, daß dabei im Grunde eher „Mehr gegen Bush als für Clinton" sprach, wie etwa die Süddeutsche Zeitung den Wahlerfolg charakterisierte. Aber Denkzettelmentalität und Frust alleine wären wahrscheinlich nicht genug, um den von Clinton proklamierten Aufbruch auch wirklich mitzumachen. Es geht nämlich nicht nur darum, Steuererhöhungen zu akzeptieren oder den Gürtel etwas enger zu schnallen; gefordert ist persönliches Engagement, weil in Amerika zuerst die gesellschaftlichen Auswüchse der Reagan/Bush-Ära beseitigt werden müssen.

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