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Er wird der Nachfolger des Mannes, der bei seinem Ausscheiden das Haus sechs Jahre regiert haben wird. Eine Ära, die, wenn sie den Namen verdient, mehr Tiefs als Hochs hervorbrachte, künstlerisch rasch vergessen sein wird, wohl aber im empfindlichen Korpus des Theaters Spuren hinterläßt. Kurz: ein beklagenswerter Gesichtsverlust des größten und er-' sten Sprechtheaters des ... Freisstaates wird zu beseitigen sein.

Des Freistaates! - was haben Sie denn geglaubt? No hören Sie!! Nix da

- Eberhard Witt löst Günther Beelitz im Münchener Residenz-Theater ab. So wie die Deutschen das eben praktizieren - es muß zusammenwachsen, was zusammengehört und sich trennen, was nicht zueinander paßt. So streng sind dort die Bräuche - nur „Wien ist anders!" Da wird einer, der gegen ungute Verhältnisse, Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungeu ankämpft, anschreibt, anrennt, als Nationalist, Rassist und oft sogar als Faschist bezeichnet. Wenn ich behaupte, man könne da und besonders dort kein typisch österreichisches Stück mehr spielen, weil die dazu notwendigen Schauspieler fehlen (sie wurden sukzessive durch ausländische Kollegen ersetzt), flattert mir ein blöder Brief auf den Tisch, in dem einer der „Neuen" mich des Ausländerhasses bezichtigt. Gerade mich! Allerdings verfehlt der geschätzte Kollege aus der ehemaligen DDR sein Ziel, denn ich kann mich über seine Dummheit nicht einmal ärgern - das ist mir nur zu blöd.

Wie sagt schon Felix Mitterer? Das deutschsprachige Theater war und ist

- von Goethe bis Botho Strauß - eine mühsame Sache - das Volksstück hingegen (ernennt es Leutestück) wird nur belächelt. (Und besucht, lieber Felix, meine ich.) Ist ja wahr: von Intellektuellen geschrieben, von den verblasenen Quasi-Intellektuellen der 68er Generation inszeniert und von ganz besonders „Intellektuellen" begutachtet, beschrieben, beurteilt. Und wir, das Volk? - das Volk sind auch hier wir! - Wir stehen abseits und bleiben draußen - trotz der 50 Schilling-Karten, die uns allüberall nachgeworfen, ja aufgedrängt wer-

den! Das muß aber nicht so sein, das gehört geändert und dazu ist ein Jahresanfang doch der richtige Zeitpunkt. Oder?

Es geht ja auch nicht, daß ein Funktionär einer Glaubensgemeinschaft gegen ein Stück anrennt, nur weil es ihm nicht in seinen Kram paßt. Ebensowenig darf es sein, daß man, wenn man ein Stück, eine Interpretation oder Aufbereitung ablehnt, das (die) ein Anhänger des mosaischen Glaubens ausgebrütet hat, sofort als Antisemit bezeichnet wird. Diese Schutzwälle, die sich die Großmannssüchtigen, die Unsicheren der Theater, aufgebaut haben, gehören 1992 endlich niedergerissen. Ein schlechtes Stück, eine idiotische Inszenierung, eine miese Aufführung bleiben eine miese Aufführung, eine idiotische Inszenierung und ein schlechtes Stück, wer immer sie (es) verbrochen haben mag.

Gerechtigkeit in der Kunst

Ich hasse Rassismus, Antisemitismus, Antimoslemismus und so fort -aber ich kann ja nicht - und will es auch nicht - alles nur gut finden, weil der Autor Jude, Katholik, Moslem oder Feueranbeter ist. Gerechtigkeit ist grenzüberschreitend - auch in der Kunst, oder besser gesagt, vor allem in der Kunst! Wer sich hinter irgendetwas zu verstecken sucht (Sozialismus, Deutschtümelei, Religion oder Volkszugehörigkeit) hat etwas zu verbergen, ist unsicher und will seine Schwächen cachieren, weil er um sie weiß, sich ihrer bewußt ist. Er will sie mit großen Worten klein reden, aber das geht nicht lange gut. Was anfangs amüsiert, langweilt nach einigen Jahren. So sollte man also, ganz im Sinne Hans Weigels, die Dinge beim Namen nennen, wo sie zu nennen sind. Herumrederei nützt nichts - vor dem Gesetz und vor der Wahrheit sind alle gleich - so will es die Verfassung. Wer gleicher sein wi 11 gehört - von mir aus mit Dank -verabschiedet.

Wir werden 1992, also im eben begonnenen Jahr, vielen unangenehmen Wahrheiten ins Gesicht sehen müssen, - außen- und innenpolitisch. Und wir werden es schaffen, auch die neu aufgestellten Hürden zu nehmen. Warum sollten wir in der Kunst - und da meine ich besonders das Theater -zaudern und lavieren?

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