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Andockstelle neuer Demokratien

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Um die Rolle des Europarates bei der neuen Architektur Europas nach dem Ende des Ost-Westkonflikts geht es beim Europaratsgipfel der Staats- und Regierungschefs im Wiener Austria Center am 8. und 9. Oktober. Minderheitenrechte stehen auf dem Tapet, eine Erklärung wider die Intoleranz ist vorgesehen.

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Um die Rolle des Europarates bei der neuen Architektur Europas nach dem Ende des Ost-Westkonflikts geht es beim Europaratsgipfel der Staats- und Regierungschefs im Wiener Austria Center am 8. und 9. Oktober. Minderheitenrechte stehen auf dem Tapet, eine Erklärung wider die Intoleranz ist vorgesehen.

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Ein einmaliges Ereignis steht Wien bevor. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der mittlerweile 31 Mitgliedstaaten des in Straßburg ansässigen Europarates im Wiener Austria Center. Österreich führt zur Zeit - bis November dieses Jahres -den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates.

Botschafter Wolfgang Schallenberg, Generalsekretär im Außenministerium, konstatierte, daß bezüglich der Frage der Minderheiten von Wien ein Impuls erwartet werde. „Einerseits geht es um ein Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention und andererseits um eine allgemeine Rahmenkonvention, die den Vorteil hätte, auch allen Nichtmitgliedern des Europarates offenzustehen."

Das Wesentliche - so Schallenberg zur FURCHE - sei „die große Perspektive, daß Minderheitenrechte als Teil der Menschenrechte verankert werden". Allerdings bestehen unter den Europaratsmitgliedern in der Frage der Minderheitenrechte unterschiedliche Auffassungen aufgrund historischer Erfahrungen und der damit begründeten „Psychologie des Landes".

Daher sei noch nicht sicher, „ob jetzt schon in Wien Texte des Zusatzprotokolls oder der Rahmenkonvention verfaßt werden können". „Politisch sehr erfreulich wäre es", so Schallenberg, „würde beim Europaratsgipfel in Wien ein Mandat zur Ausarbeitung dieser Texte gegeben."

Wie der Generalsekretär im Außenamt betont, sei der Europarat heute „die erste Andockstelle für die neuen Demokratien Zentral- und Osteuropas". EG- und NATO-Einbindung erweise sich als schwierig, leichter sei es daher, dem Europarat beizutreten, wenngleich dieser auch streng darauf

achte, daß gewisse Kriterien - Beachtung der Menschen- und Minderheitenrechte, demokratisches System -eingehalten werden.

Die internationale Politik, gibt Schallenberg zu bedenken, brauche auch das Element des Vertrauens. Deshalb sei es möglich, daß Länder, die noch nicht gänzlich reif für den Europarat erscheinen, dennoch beitreten könnten, meinte der Generalsekretär auf eine entsprechende Frage. Seinerzeit habe Österreich für die Europaratsaufnahme Spaniens votiert, obwohl das Land noch nicht die formellen Voraussetzungen einer pluralistischen Demokratie nach dem Tode Francos erfüllte. Heute habe man diesen Vertrauensvorschuß beispielswei-

se der Slowakei gegenüber gegeben. „Ich glaube schon, daß die Mitgliedschaft im Europarat einen Ansporn darstellt, zugesagte Entwicklungen einzuhalten und voranzutreiben."

In Wien werden auch beitrittswillige Staaten - Kroatien, Rumänien, Albanien, die Ukraine, Rußland, Weißrußland, Moldawien und Lettland -beim Gipfel vertreten sein. Damit soll eine Assoziierung dieser Länder in beschränktem Grade signalisiert werden. „Es ist durchaus Ziel der österreichischen Außenpolitik, diesen neuen Ländern das Gefühl zu geben, daß sie zur Familie gehören."

In Wien wird zudem die Veränderung der Strukturen des Europarates hinsichtlich der Durchführung der Menschenrechtskonvention diskutiert Werden. Das bisherige, zu bürokratische System der Einklagbarkeit von Menschenrechten (vor Europaratskommission und -gerichtshof) soll durch ein Einphasenverfahren vereinfacht und damit für Einzelpersonen beschleunigt werden. Einer vorgesehenen Erklärung gegen die Intoleranz mißt Generalsekretär Schallenberg eminentes politisches Gewicht bei.

Während des Europaratsgipfels wird ein vom Familienministerium organisiertes europäisches Jugendtreffen als Parallelveranstaltung durchgeführt. Generalsekretär Schallenberg: „Was wir heute tun, geschieht für die Jugend, für die nächste Generation. Daher kann man die Jugend gar nicht früh genug in diese Aktivitäten einbinden."

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