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"Charakter, Charme und Charisma

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Wird der neugewählte Landespar-teiobmann der OVP-Wien, Dr. Bernhard Görg, nach Begriffen gefragt, in denen man den Begriff "Stadt" insgesamt fassen könnte, antwortet er ohne jeden sentimentalen Pathos mit drei Worten: "Charakter, Charme und Charisma". Dabei geht es Bernhard Görg primär um den einzelnen Menschen in dieser Stadt. Und es geht ihm um ein Geschichtsbewußtsein, um Vielschichtigkeiten in der Gegenwart und um Projektionen und Visionen für die Zukunft.

Den wesentlichsten Ansatzpunkt in einer künftigen Stadtentwicklung sieht der ÖVP-Stadtrat in der Schaffung von "lokalen Identitäten". "Denn die Menschen brauchen mehr als einen Supermarkt und eine Bushaltestelle, sie brauchen vielmehr ein vielfältiges Angebot an sozialen und kulturellen Einrichtungen in ihrem unmittelbaren Lebensraum", erklärt dazu Bernhard Görg. Erster Schritt dazu wäre, den Bezirken mehr Autonomie zu geben. Geht es nach dem Willen des neuen ÖVP-Chefs, werden die Bezirke künftig auch mehr finanzielle Mittel für ihre Aufgaben erhalten. "Es geht daher nicht an, daß im Budget 1993 eine Unterdotierung der Bezirke vorgesehen ist. Wenn die Gesamtausgaben im Budget um 9,5 % ansteigen, kann es nicht sein, daß die Bezirksmittel nur um 4,5 % erhöht werden", betonte Bernhard Görg in seiner Budgetrede im Wiener Gemeinderat am 23. November.

Weiteren Handlungsbedarf in der Wiener Stadtentwicklung ortet Bernhard Görg beim U-Bahnbau. Wien braucht den schnelleren Ausbau des U-Bahnnetzes in die neuen Siedlungsgebiete, dasgleiche muß mit der S-Bahn passieren. Dem ÖVP-Stadtrat kommt es darauf an, eine Verkehrspolitik in Wien zu machen, die ein sinnvolles Nebeneinander des öffentlichen und des privaten Verkehrs ermöglicht. Es darf nicht zu einem Kampf zwischen den verschiedenen

Gruppen von Verkehrsteilnehmern kommen. "Jeder Autofahrer ist auch Fußgänger, fast jeder Autofahrer benützt auch öffentliche Verkehrsmittel", meint dazu Bernhard Görg.

Auch für die Wiener Wohnbaupolitik gilt es, diese auf den bisher unerfüllten Nachholbedarf der Wiener Bevölkerung auszurichten. Vor der Erschließung neuer Siedlungsgebiete sind zuerst die vorhandenen innerstädtischen Flächenreserven auszunützen. Im Sinne der Schaffung lokaler Identitäten ist es bei der Erschließung neuer Siedlungsgebiete vorrangig, eine entsprechende städtische Infrastruktur und vor allem auch leistungsfähige öffentliche Verkehrssysteme sicherzustellen. Dies bedeutet vor allem auch Investitionen in eine soziale Infrastruktur, wie Kindergärten, Schulen, Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen.

Entscheidend für die Wiener Stadtentwicklungspolitik wird es sein, den unverwechselbaren Charakter im Vergleich mit anderen europäischen Metropolen zu erhalten. Diese Einzigartigkeit Wiens leitet sich aus der historischen und kulturellen Identität der Stadt ab. "Es muß daher klar sein, daß wir ein großartiges kulturelles Erbe in dieser Stadt übernommen haben. Gleichzeitig sind wir aber auch verpflichtet, mit aller Sorgfalt und Am-bitioniertheit an die Gegenwartskunst zu denken", betont Bernhard Görg.

In diesem Zusammenhang übt der ÖVP-Stadtrat heftige Kritik an der Stadtregierung, die im Haushalt 1993 weniger Geld für Kunst und Kultur zur Verfügung stellt. "Gerade Kultur und Kunst prägen den bezaubernden Charme und den unvergleichlichen Charakter unserer Stadt. Hier orte ich eminenten Nachholbedarf!", betont Bernhard Görg abschließend.

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