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„Angemessene Erträge“

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Ein Gespräch mit Generaldirektor H. MICHAEL MALZACHER

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Ein Gespräch mit Generaldirektor H. MICHAEL MALZACHER

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FURCHE: Sind Sie richtig zitiert worden, als es einmal in einer Zeitungsmeldung hieß, auch Sie würden sich bei der Sonntagsmesse wohler fühlen, wenn Ihr Unternehmen nur Traktoren statt Panzer erzeugte?

GEN.-DIR. MALZACHER: So vereinfacht habe ich es wohl nicht gesagt. Aber sicher ist es in jeder Hinsicht unbedenklicher, Traktoren zu verkaufen. Trotzdem ist unser Geschäft nicht moralisch abzuqualifizieren.

FURCHE: Wie kann man es moralisch rechtfertigen?

MALZACHER: Wie kann man es rechtfertigen, einem Unternehmen, das vor mehr als hundert Jahren mit der Produktion von Rüstungsgütern begonnen hat, diesen Teil seines Produktionsprogramms plötzlich streitig zu machen? Die Argumentationskette ist klar: Aus dem Ja zum Bundesheer folgt das Ja zur Ausrüstung des Bundesheeres möglichst aus landeseigenen Produktionsquellen. Die erforderlichen Produktionskapazitäten müssen aber den Bedarfsrahmen des eigenen Heeres überschreiten, daher auch das notwendige Ja zum Export. Wir sagen aber auch ein klares Ja zum Kriegsmaterialgesetz, das sehr wohl auf alle juristischen, wirtschaftlichen und moralischen Anforderungen hinreichend Bedacht nimmt.

FURCHE: Ist es nicht so, daß von Anbeginn nicht der Bedarf des Bundesheeres, sondern der Export anvisiert wurde? Haben Sie nicht selbst einmal (laut „Spiegel" 32/1980) gesagt. Sie müßten „möglichst viel Geld mit den Panzern machen", dort lägen die Gewinne?

MALZACHER: Das ist eine irreführende Darstellung. In einer Programmanalyse zu Mitte der 70er Jahre haben wir festgestellt, daß wir zur langfristigen Absicherung unserer zivilen Sparten, die die großen Umsatzbringer sind, vor sehr hohe Kapitalanforderungen gestellt würden. Um diesen gerecht werden zu können, müßte das Auslands

engagement verstärkt werden. So gründeten wir Fabriken in Nigerien, Griechenland und Spanien, ohne die keine Exporte in diese Länder möglich gewesen wären. Diese Fabriksgründungen waren praktisch ein Einkauf in die dortigen Märkte. Außerdem entschlossen wir uns zur Entwicklung neuer Technologien: Milliardenbeträge wurden in Zusammenarbeit mit BMW bzw. Mercedes in die Erzeugung von Dieselmotoren bzw. Geländewagen investiert.

FURCHE: Was hat das mit dem Rüstungsprogramm zu tun?

MALZACHER: Wir haben uns ge

sagt: diese neun bis zehn Milliarden Investitionskosten können wir nicht aus der zivilen Produktion allein herauswirtschaften. Ohne diese Investitionen aber wäre unser Konzern mit 22.000 Mitarbeitern in seiner Existenz langfristig gefährdet gewesen. Also forcierten wir die Herstellung von Kettenfahrzeugen und Handfeuerwaffen, die wir immer schon produziert hatten.

FURCHE: Also verdient man damit doch sehr gut?

MALZACHER: Die gerüchteweise genannten Traumzahlen von 20,25 Prozent Gewinn aus dem Rüstungsgeschäft sind Quatsch. Auch dort ist ja die Konkurrenz beinhart. Aber man kann mit angemessenen Erträgen rechnen.

FURCHE: Können Sie den Anteil des Rüstungsgeschäftes an Ihrem Umsatz und an Ihren Erträgen nennen?

MALZACHER: Am Umsatz ja. Die vorläufig bis 1985 im Detail erstellte Konzernplanung peilt einen Umsatzanteil von Rüstungsgütern zwischen 15 und 25 Prozent an; das kann auch einmal in einem Jahr null und im anderen 30 Prozent sein. Aber diese Relation wird angestrebt, mehr nicht.

FURCHE: Um dem Vorwurf auszuweichen, Österreich liefere in potentielle Kriegsgebiete oder an Staaten, deren Regierungen die Menschenrechte verletzen, wäre doch eine engere Kooperation und Koordination unserer Waffenherstellung mit anderen neutralen Ländern wie Schweiz oder Schweden sinnvoll?

MALZACHER: Geht aber nicht. Gerade Kettenfahrzeuge und Handfeuerwaffen erzeugen Schweden und die Schweiz genau so: Auch dort wird um die Existenzsicherung dieser Industrien gerungen. Da sind wir harte Konkurrenten.

FURCHE: Gibt es so etwas wie ein österreichisches Rüstungskonzept?

MALZACHER: Nein. Zur Entscheidung der Fragen, was Rüstungsgüter sind, wer für welche als Produzent und wer wofür als Kunde in Frage kommt, wieviel Stück welches Unternehmen in welchem Zeitraum erzeugen soll, ist keine formal-aktienrechtlich gedeckte Zentralinstanz zuständig. Aber sehr wohl gibt es einen langfristigen Beschaffungsplan des Bundesheeres gemäß Verteidigungsdoktrin.

FURCHE: Den kennen Sie?

MALZACHER: Nein, weil es ja Geheimhaltungsvorschriften gibt; aber in den Grundzügen ist er uns genügend vertraut, sodaß wir wissen, mit welchem Bedarf an Jagdpanzern, Schützenpanzern, Handfeuerwaffen, Räderfahrzeugen usw. zu rechnen sein wird.

FURCHE: Die Gegner des Außaus eines österreichischen Militär-Industrie-Komplexes argumentieren auch, daß Rüstungsindustrien besonders krisenanfällig seien.

MALZACHER: Das mag weltweit stimmen, aber da muß man doch unsere besondere Situation in Rechnung stellen. Andere Sparten haben noch viel geringere Absatzgarantien …

FURCHE: Sitzen Sie nicht gerade auf einem größeren Panzervorrat?

MALZACHER: Wir produzieren ganz bewußt auf Lager, das ist ein gutes Argument gegenüber Erzeugerfirmen mit zwei, drei Jahren Lieferzeit.

FURCHE: Der internationale Metallarbeitergewerkschaftsbund hat 1980 ein Konzept für die Umstellung von Rüstungsprogrammen auf „sozial nützliche Fertigungen" erarbeitet. Was halten Sie davon?

MALZACHER: Solche Konzepte sind wünschenswert und ernstzunehmen. Aber wovon andere reden, das praktizieren wir bereits. Was ich Ihnen geschildert habe, ist genau das: Wir brauchen jetzt bis 1990 Ruhe im Export, dann sind wir ein international lebensfähiger Konzern mit dem Schwergewicht im zivilen Produktionsbereich.

FURCHE: Laufen derzeit konkrete Verhandlungen über neue Waffenexporte?

MALZACHER: Im Moment gibt es keine Verhandlungen, aber einige Projekte, über die ich näher nicht sprechen kann, befinden sich in einem Stadium intensiver Bearbeitung.

Mil dem Vorstands-Vorsitzenden der Steyr-Daim- ler-Puch-AG sprach Hubert Feichtlbauer

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