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Angst vor Domino-Effekt
Fragt man Kenner der kirchlichen Situation in der CSSR nach den Möglichkeiten einer Trennung von Kirche und Staat, verweisen sie zunächst auf drei Typen einer kirchlichen „Selbständigkeit“:
Der amerikanische Typus einer freien Kirche in einem freien Staat setze kirchliches Eigentum voraus. Der sowjetische Typus bedeute, daß die Kirche in staatlichen Angelegenheiten nichts mitzureden habe, ökonomisch ein Bettler sei.
Die Deutsche Demokratische Republik beschreitet mit ihrer Trennung von Kirche und Staat einen mittleren Weg: die Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik befände sich in der Lage „eines kleinen Handwerkers“
Eine Trennung von Kirche und Staat in der CSSR wäre — so die Meinung aus informierten Kreisen — zunächst nur mit einer Änderung der Lage der Kirche auf dem Papier verbunden. Denn eine eigene Einnahmemöglichkeit für die Kirche steht in weiter Ferne.
Mit keiner anderen Kirche in osteuropäischen Ländern ist die gegenwärtige Stellung der Kirche in der Tschechoslowakei zu vergleichen.
In der Deutschen Demokratischen Republik gebe es so etwas wie einen „amtlichen Abstand“, in Ungarn werde dieses Verhältnis von Gleichgültigkeit bestimmt, in Polen herrsche Respekt vor der Kirche — nur in der CSSR würden noch ganze Generationen zum Haß gegenüber der Kirche erzogen.
Die hysterische Reaktion seitens des Staates und der Partei auf jede Initiative der Bürger hat darin ihren Grund, daß die Kommunisten um den Domino-Effekt jeder Lockerung wissen. Jede geduldete Aktion zieht zehn weitere nach sich, sind Charta-77-Unterzeichner überzeugt. Die Zahl spiele dabei keine Rolle.
Ob es um Jazzmusiker, um Chartisten oder um die noch geringere Zahl aktiver Gläubiger in der CSSR geht: die Angst der Kommunisten vor der Öffentlichkeit geht um.
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