7134106-1997_39_21.jpg
Digital In Arbeit

Angst im November

Werbung
Werbung
Werbung

Wun bläst der Herbstwind die letzten Asternblumenblätter -L i von den Gräbern, der Abend kommt früh, es ist kalt, kalt in der Natur und kalt in den Herzen. Einige Menschen mit warmen, weichen Herzen sind abgetreten, vorausgegangen, und haben die Welt, unsere Walt, hinter sich gelassen.

Fazit: Noch kälter ist es geworden. Zwei Frauen, die, jede auf ihre Art, Gutes zu tun versuchten, und Männer von großer Herzensbildung und Humanität. Sie wissen, Frankl, Solti, Bing, Berg, die Aufzählung ist nicht vollständig. Leider! Um diese Zeit denke ich oft über das Jenseits nach, übers Leben nach dem Tod, übers Wiederkommen. Ehrlich gesagt - das macht mir angst.

Ich möchte nicht noch einmal, bei aller Freude und allen Erfolgen, die ich erleben durfte - nein! Zuviel war da, das ich nicht mehr wieder erleben will und vielleicht wieder erleben müßte. Haß, Diktatur, Qual, Folter und Not. Nein! Meinen Ältesten hat mir das Schicksal genommen, Jahre meines Lebens, meiner Freiheit hat man mir gestohlen, man hat mich Angst haben gelehrt und Furcht. Wozu, warum das alles noch einmal? Bitte, nein!

Ich will nicht undankbar sein, ich habe Menschen, die ich unsagbar liebe. Ich habe den für mich schönsten Beruf und ich habe mein

Publikum, dem ich dankbar bin. Aber - warum kann ich die Angst nicht loswerden?

Ich will Ihnen sagen, warum: Weil sie begründet ist. Weil der Kampf gegen Unmenschlichkeit, gegen Zorn, Haß und Gleichgültigkeit verloren wurde, weil große Teile unseres Volkes zugunsten eines vollen Bauches auf Teile ihres Gehirns keinen Wert mehr legen. Andere denken für jene - aber wer? Welche Leute sind das! Das, auch das, macht mir angst. Die übliche Herbst- und Novemberangst?

Ja, und noch mehr. Ich halte es halt mit meinem Freund Tristram Shandy, dem ein Kind in der Windel, ein Kutscher auf seinem Bock und ein Narr mit der Schellenkappe lieber sind als alle Generäle und Soldaten der Welt zusammen.

Ich höre immer: Da kann man nichts machen. Lassen Sie sich das nicht einreden - man kann, aber will nicht! Nicht: „San eh alle nichts wert” darf es heißen, sondern: Meine Partei ist die saubrere, muß das Motto in jedem Hauptquartier heißen. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr -das ist schade, nicht nur von wegen der Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe.

Auch denen, die dort werken, muß man so wie mir die Angst nehmen. Wird es gelingen? Wer weiß? Wahrscheinlich nicht, aber versuchen muß man es trotzdem.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung