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Eine Runde Obstler auf die Reinheit des Sports!

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Waldzell, die kleine, treue Gemeinde, sollte ein Beispiel sein. Andreas Goldberger, seit Jahren der Liebling der Nation, renommierter Spitzensportler und großes Kind mit Buberlcharme ist zweimal abgestürzt. Einmal auf einer Sprungschanze - das Herz ist einem stehengeblieben - ein zweites Mal knallte er in den Schnee des Vergessens - er schnupfte Kokain. Aus, vorbei - aus einem Idol wurde über Nacht, so zwischen ZiB 1 und ZiB 2, für gar manche ein Buh-Bub. Manche traten und treten für ihn ein, andere, zum Beispiel die „strengen Herren", rufen auf zur Verteidigung der Beinheit des Sports. Sie lassen zwar ihre Aushängeschilder mit Re-klamepickerln bepflastern, trinken selber nicht allzu ungern, alles vom Bier bis zum harten Tröpferl, aber nach außen hin muß alles blitzblank sein. Dabei hat doch unser Land in den olympischen Dörfern die feuchtesten Österreich-Häuser mit den längsten Schankbudeln als Treffpunkt der Sport-Schickeria, mit Jaga-tee bis Obstler, installiert. Alles, um der Beinheit des Sports zu frönen.

Hört mir auf mit der verlogenen Moral und den weisen allwissenden Blicken der Funktionäre und Übe-rallhin-Mitfahrer. Natürlich wissen wir alle, was Vorbildwirkung sein soll und ist - aber es hat schon so viele Vorbilder gegeben, die sich nach einiger Zeit der Beobachtung als schädlich entpuppt haben, sodaß man prüfen müßte, ob dieses läppische Vorbilderspiel nicht endlich zum alten Eisen geschmissen werden sollte. Ich kenne eine Anzahl alter und junger Deppen, die auf „Vorbilder" hereingefallen sind und noch immer Trauerrituale für sie abhalten, statt zu sehen, welchen verbrecherischen Scharlatanen sie auf den Leim gegangen sind.

Der Andi Goldberger, der nun plötzlich vom einem Funktionär als „erwachsener Mann" bezeichnet wird, hat einen Fehler gemacht. Gut? Schlecht! Er hat einen gehörigen Schrecken gehabt. Schlecht? Gut! Es ist ihm klar geworden, wie schnell über einen der Stab gebrochen wird. Gut! Aber man kann einen lustigen Buam nicht sein Leben zusammenhauen, weil er einmal schwach geworden ist. Beim zweiten Mal bitte, aber jetzt? Sofort? Nein! Gebt ihm noch eine Chance, vielleicht verkraftet er alles und fliegt wieder.

Es ist ihm zu wünschen und er muß beweisen können, daß er (beneideter Millionär hin, Gestrauchelter her) unsere Geduld verdient. Es wird für ihn und uns nicht leicht sein, aber den Versuch ist es wert. Und das Nachdenken, daß man einen jungen Menschen nicht ungestraft zum Idol, zum Vorbild und Star machen sollte. Auch dafür braucht man Zeit, und wer das nicht einsieht, ist mitschuldig am tiefen Fall des blonden Adlers aus Waldzell.

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