Konfuzius und das Mammut
Wenn das nicht das eigentliche Ziel unserer Existenz ist: ein fremder Aufgenommener oder aber ein aufnehmender Fremder zu sein.
Wenn das nicht das eigentliche Ziel unserer Existenz ist: ein fremder Aufgenommener oder aber ein aufnehmender Fremder zu sein.
Von Konfuzius soll der einigermaßen oft benutzte Satz stammen, dass der Weg das Ziel aller Unternehmungen sei. Das erinnert ein wenig an die Serie Raumschiff Enterprise, in der sich Captain Kirk in den 70er Jahren staffelweise durch Sternzeiten und unbekannte Galaxien arbeitete, und zwar ohne jedes Ziel, außer eben der Reise an sich. Dieser Grundgedanke hat sich leider nicht in unseren Alltag durcharbeiten können. Das ziellose Streben oder Nichtstun hat deshalb nur seine literarischen Helden, aber sie sind in der Kategorie Sinnlosigkeit verblieben, ob sie nun Oblomow oder Bartleby heißen. Und das ist deshalb so wenig verständlich, weil die beliebten Ziele in der großen Mehrheit der Fälle eine Schimäre bleiben. Man nehme nur die Ziele der UN-Klimakonferenzen, die es an Nichterreichung bald mit Neujahrsvorsätzen aufnehmen können.
Immerhin kann man von einem gewissen Tier annehmen, es habe erfasst, worum es beim prozesshaften Denken des Konfuzius eigentlich geht: vom eiszeitlichen Mammut. Es hatte allem Anschein nach diese eine Angewohnheit: Es ging und ging und ging, ohne jedes höhere Ziel. Langsam, gemächlich, die ganze Zeit grasend und verdauend, Zentimeter für Meter für Kilometer. Eine neue Studie zu den Bewegungsradien eines nordamerikanischen Mammutbullen ergab 70.000 Kilometer Gesamtstrecke – die das Tier nicht bloß über saftige Ebenen, sondern auch mehrmals über große Gebirgszüge der Rocky Mountains führte. Das Mammut hat also langsamen aber steten Schritts zweimal die Erde umrundet. Das erinnert an das Sparen, das ja aus kleinen Teilen am Ende ein großes und weiter wachsendes Ganzes macht.
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