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Polizisten jeglicher Art...

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Wenn der „Polizeifunk ruft“, sitzt Dr. Lieselotte Müller vor dem Bildschirm und fühlt sich so sicher, als wäre sie im Besitz des neuesten, vom Werbefunk als „De-ohdorand“ angepriesenen Desodorants; denn blaublond-äugige deutsche und elastischdrahtige französische Jungpolizisten sind Freund und Helfer ihrer Phantasie. Da bleibt kein Auge trocken.

Unsicherheit und Daseinsangst hingegen verbreitet „FBI“. Denn daß diese vergrämt und durchdringend blickenden Herren tatsächlich imstande sind, innerhalb weniger Minuten festzustellen, wann ein verlorengegangenes Damentäschchen auf welchem Supermarkt des amerikanischen Kontinents gekauft wurde und von wem; daß sie die kühn gebastelte Bombe genau in dem Augenblick entschärfen, in dem sie losgehen und ein ahnungsloses Flugzeug in eine Auspuffwolke verwandeln sollte — das ist ganz einfach zuviel, selbst für den kleinen Moritz, und darf gar nicht wahr sein.

Vollends unwahrscheinlich und eben deshalb so verständlich ist der „Mann mit dem Koffer“. Man akzeptiert ohne weiteres die absurden Spielregeln, dieser untersetzten und unglaublich beweglichen Figur zuliebe, dem Mann zuliebe, der mit Recht so gekränkt ist, weil ihm immer wieder Unrecht geschieht, der so oft verprügelt wird und ohnmächtig zu Boden geht (gestehen wir es laut, daß ihm unsere Sympathie gehört!), auf dessen boxerische Qualitäten und tadellose Jiu-Jitsu-Ausbildung wir uns aber verlassen können. Der Detektiv, der keiner ist — dieser Einfall allein verdient schon eine Prämie. Nicht ans Boxen glauben die Franzosen und speziell der „Inspektor Ledere“. In Paris pflegt die Unter-, manchmal auch die Oberwelt in ausweglosen Situationen zu schießen, und nur Verrückte oder Lustmörder gebrauchen ein Messer. Inspektor Ledere kurvt aus der Prefecture de Police am Notre-Dame vorbei über die Concorde und die Champs-Elysees hinauf zum Are de Triomphe und kennt sich aus. Nicht nur auf den photogenen Montmartre-Treppen hinter der Pigalle, sondern auch beim Bois de Boulogne, wo es nach Geld stinkt. Seine Welt besteht, im Gegensatz zu seinen Berufskollegen jenseits des Ozeans, nicht nur aus Gangsterzirkeln und bedrohten Bankiers, seine Welt ist das lebendige, berauschende Paris in allen seinen Höhen und Tiefen, die Stadt, die jedem zur zweiten Heimat wird, Paris, der unverwüstliche Filmstar der Welt. Das alles aber sind nur Vorspeisen. Hauptgericht und Pidce de r6-sistance ist und bleibt der „Kommissar“ mit allen seinen hervorragenden Gästen und mit allen seinen liebgewordenen bleibenden Charakteren. Mit seiner Spannung, seiner perfekten Technik, mit seinen originellen Geschichten. Besser als Maigret. Besser als Durbridge. Am besten.

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