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Tiere und ick
Meine Kenntnisse der Tiere beschränken sich auf: ä) Insekten, b) Hunde und c) Katzen.
Uebėr die erste Kategorie habe ich damals ein Büchlein „Erik oder das kleine Insektenbuch“ geschrieben. In Fachkreisen betrachtet man es als überaltert. Dennoch stützt es sich auf gediegene Kenntnisse, die ich mir nicht aus den bekannten insektologischen Handbüchern erwarb, sondern aus eigener Erfahrung gewann, nämlich im Garten meines Elternhauses. Als ich neun Jahre alt war, habe ich für den Preis von fünf Pfennig (es war eine Wette) einen Wurm mittendurchgebissen. Das nenne ich Erfahrung. Davon lerftt man etwas. Ich neige jetzt aber zu der Meinung, daß der Betrag zu niedrig gewesen sei, ich hätte mehr verlangen dürfen.
In Hunde bin ich verharrt, wenn sie ganz klein sind. Dann gebe ich nicht soviel mehr darauf. Von einer Höhe von 50 cm und einer Länge von 1 m an fallen sie in das Feld meiner Zuneigung. Ich war nur einmal böse auf einen Hund. Er hieß „Durve“, nach dem bekannten Marschall Napoleons, und aß eines Nachmittags, als ich nicht zu Hause war, drei Lederbände meiner Goethe-Sammlung auf, nämlich: „Faust“ (1. Teil), „Wahlverwandtschaften" und die „Farbenlehre". Ich habe ihn nicht bestraft, ihm aber abends ein Stück aus Faust (2. Teil) vorgelesen. Er schämte sich zu Tode. Mit Schlagen erreicht man nichts. Man muß sie fühlen lassen, was sie getan haben, ganz ruhig und ohne sich aufzuregen. Er hat darnach Goethe nicht mehr berührt. Aber Schiller ist noch ganz daraufgegangen. Nun, das konnte er auch nicht wissen.
Katzen finde ich entzückende Tiere. Keiner kann sagen, daß er zum Innern einer Katze durchgedrungen sei. Es sind schweigsame, stolze, unnahbare, superbe Tiere, vom Kopf bis zum Schwanz von einer suprėmen Geringschätzung für das erfüllt, was wir Menschen denken Und tun. Große Persönlichkeiten sind ės, geschlossen und genau so unzugänglich wie buddhistische Mönche. Von allen lebendigen Geschöpfen sind sie am weitesten fortgeschritten in der Kunst des Genießens. Die Seligkeit einer Katze, die mit zugekniffenen Augen in der Sonne spinnend daliegt, läßt sich mit keinem einzigen anderen Genuß vergleichen. Die Kunst des Sichglücklichfühlens liegt hierin, daß man ganz und gar im jetzigen Augenblick aufgeht. Menschen können das nicht. Sie denken, auch in den behaglichsten Lagen, entweder an gestern oder an morgen. Tiere können das wohl. Sie können eben das andere nicht. Sie s i n d, im absolutesten Sinne des Wortes. Wir werden oder waren immer. Der Scharm des Umgangs mit Tieren liegt hierin, daß wir mit Geschöpfen verkehren, die in einem dauernden Seinszustand leben. Das ist ihr größtes Talent. Bei Katzen nun ist dieses Wort zu schwach. Es sind Genies in dieser Hinsicht. Geniale Genießer. Sie sind auch die einzigen Tiere, die zur Offenbarung ihres Glückszustandes einen Sonderlaut hervorbringen. Auch wir tun dieses, wenn wir lachen. Aber das Spinnen einer Katze ist mehr als dieses. Es ist ein hörbares Lächeln, das Lächeln, zum Klang geworden, Ausdruck des völligen Seins innerhalb von Propörtiofteti, die wir flicht kennen.
Aus dem Niederländischen übersetzt hon A. F. C. Brosens
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