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Wozu denn eigentlich fasten?

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Das Alte Testament berichtet von einer Zeit, wo das Fasten einfach eine selbstverständliche Form von Frömmigkeit war. Aber schon in alter Zeit hat sich herausgestellt: Kaum fasten die Leute, schon wollen sie dafür oder davon etwas haben - oder wenigstens gelobt werden.

Der Prophet Jesaja - und nicht nur er — hat diese letztlich berechnende Form von Frömmigkeit scharf kritisiert. Denn diese komischen Frommen schrecken nicht davor zurück, zu Gott zu sagen: „Warum fasten wir eigentlich, wenn du,

Gott, es gar nicht bemerkst?" Warum sollen wir auf etwas verzichten, wenn wir dann gar nichts davon haben? Die Menschen, die heute aus Frömmigkeitsgründen fasten, sind eher eine Minorität. Aber das Fasten ist nicht mit der Frömmigkeit verschwunden. Es ist nur säkularisiert worden und feiert in der Schlank-heits- und Diätreligion unserer Zeit fröhliche Urständ'. Auch fesche Medienprediger werden wieder den Wamperten das Abnehmen als ein „frommes Werklein" andrehen. Aber damit ist das Fasten erst recht eine egoistische Angelegenheit geworden. Auch die moderne Körperreligion hat also ihre Probleme mit der „Werkgerechtigkeit".

Aber wem sonst sollte das Fasten etwas bringen, wenn nicht dem, der fastet? Sollte es wirklich ein Fasten geben, von dem ein anderer etwas hat? Diesen Weg hat schon der Prophet Jesaja gezeigt. Ungeniert sagt er: „Wenn du dich tagelang kasteist, und den Kopf hängen läßt, und in Sack und Asche dasitzt - so ein Fasten gefällt Gott nicht. Ein Fasten, das Gott gefällt, schaut anders aus, nämlich: daß du ungerechte Fesseln öffnest, die Unterdrückten befreist, Hungrigen zu essen gibst und Obdachlosen eine Wohnung."

Und wie macht man so etwas? Das tun zum Beispiel alle die, die in den kommenden Wochen fasten und das dadurch ersparte Geld im Sinn der Anregungen von Jesaja verwenden. So halten es die Mitglieder der Friedensbewegungen, die Förderer von „greenpeace", die Spender für Flüchtlingsbetreuung.

Oder - um es etwas altvaterisch zu sagen: Durch das Fasten kann man in den Himmel kommen -oder erst recht in die Hölle.

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