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Ankäufe bleiben geheim

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Ohne die finanzielle Unterstützung von Sponsoren würden wertvolle historische und kulturgeschichtliche Dokumente für Österreich verloren gehen. Das Budget der Österreichischen Nationalbibliothek ist zu klein, um mit den Preisen der internationalen Konkurrenz mithalten zu können. Zur Zeit versucht die Nationalbibliothek, ein Konvolut von Sigmund Freud-Briefen zu erwerben. Obwohl Freud bis zu seiner Vertreibung 1938 in Wien lebte, finden sich fast alle Zeugnisse über Leben und wissenschaftliches Arbeiten in

England, wohin er vor dem Dritten Reich flüchten mußte.

Der Ankauf der Handschriften (Briefe von Arnold und Stefan Zweig an Freud, solche von Freud selbst, die seine Situation nach der Vertreibung dokumentieren) wurde vorfinanziert. Ein keineswegs alltägliches Kooperationsvorhaben soll deren endgültigen Erwerb sicherstellen. Der Dachverband der Österreichischen Psychotherapeutischen Vereinigungen, die Ärztekammer und die Vereinigten Bühnen Wien unterstützen gemeinsam die Nationalbibliothek bei ihrer Suche nach Sponsoren für die aufzubringende Summe von 800.000 Schilling.

Dokumente aus dem Nachlaß berühmter Persönlichkeiten sind teuer. Große ausländische Literaturarchive und Sammler von New York bis Tokio bezahlen gut. „Wir müssen versuchen der Konkurrenz zuvorzukommen, eine Auktion halten wir in den seltensten Fällen durch", beschreibt Generaldirektorin Magda Strebl von der Nationalbibliothek ihre Lage. Geplante Ankäufe werden solange wie mög-

lich geheimgehalten.

Oft bleibt zur Bereitstellung der Mittel nur der Weg zu privaten Sponsoren, zu Firmen. Unternehmen wie Shell Austria, Henkel Austria oder auch Banken wie die Girozentrale oder die Credit-anstalt stellten die drei bis fünf Millionen an diesjährigen Sponsorgeldern sicher nicht aus purem Idealismus zur Verfügung. Sie wollen natürlich die entsprechende Publizität. „Wir gehen für sie in die Presse", erklärt Strebl die Basis dieser Zusammenarbeit. Für spektakuläre Erwerbungen fände sich ein

Sponsor natürlich leichter als für weniger interessant erscheinende Projekte wie beispielsweise den Ankauf von Werken moderner Musik. Oft würden jedoch letztendlich die persönlichen Vorlieben des jeweiligen Entscheidungsträgers den Ausschlag geben.

Auf diese Weise gelangen beispielsweise die Veranstaltung einer Franz Werfel-Ausstellung in Prag, die Ankäufe von Nachlässen Erich Frieds, Ödön von Horvaths, Leo Falls, Friedrich Torbergs und wertvoller Objekte für die Musiksammlung.

Zusätzliche 1,3 Millionen erbrachte eine andere Variante des

Sponsoring. Seit Beginn dieses Jahres kann man eine „Buchpatenschaft" schenken. Mit den Erlösen dieser Patenschaften wird ein wertvolles Buch restauriert, was durchschnittlich 7.000 Schilling kostet.

Eftenfalls von Sponsoren mitgetragen wird die Papierentsäuerungsanlage der Nationalbibliothek, mit deren Hilfe aus dem Papierbleichstoff die Säure entfernt wird, was vor allem für die Erhaltung unzähliger Zeitschriften notwendig ist.

Erst die Novelle vom Juli 1989 zum Forschungsorganisationsge-setz erlaubt es, Geschenke dieser Art anzunehmen, früher mußten sie

an die Republik abgeliefert werden.

Zwar wurden die Gelder wieder zur Verfügung gestellt, doch wurden sie im folgenden Budgetjahr vom Finanzzuschuß wieder abgezogen.

Heute ist es möglich, der Generaldirektorin ganz unbürokratisch einen Scheck in die Hand zu drük-ken. Da dies öfter passiert, können mit der Summe dieser Zuwendungen größere Erwerbungen finanziert werden, mit denen ein einzelner Sponsor überfordert wäre. „Auch die Zusammenarbeit mehrerer Institutionen, wie im Fall der Freud-Dokumente, ist völlig neu", freut sich Strebl.

Nicht neu ist Geldmangel am Wiener Josefsplatz. Schon die Dotation der Kaiserlichen Hofbibliothek war äußerst niedrig. Neun Millionen Schilling zur Erwerbung von Druckschriften und fünf, um Ankäufe für die Sondersammlungen zu tätigen, addieren sich heute zu einem ärmlichen Budget, mit dem die Generaldirektorin nicht weit kommt. „Wir haben in den letzten Jahren ganz jämmerlich dahinge-wirtschaftet."

Ausländische Institutionen ähnlicher Rangordnung würden über die sieben- bis zehnfachen Mittel verfügen. Für Ankäufe besonders wichtiger Einzelnachlässe oder -werke steuert das Wissenschaftsministerium allerdings zusätzliche Mittel bei.

In den letzten Jahren hätten diese das reguläre Budget sogar übertroffen. Auch die Stadt Wien beteilige sich zum Teil. Durch Pflichterwerbungen im Rahmen der Archivpflicht bei den Druckschriften würde das Budget zusätzlich um ein Drittel reduziert. Drängende Restaurierungsarbeiten an alten Handschriften und Büchern könnten deshalb kaum durchgeführt werden.

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