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Ankara und die Kurden

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Daß Häftlinge in den türkischen Gefängnissen nicht mit Samthandschuhen behandelt werden, gab selbst Regierungschef Turgut özal zu. Mißhandlung von Gefangenen steht auf der Tagesordnung, die Verpflegung ist miserabel, die Haftbedingungen insgesamt sind katastrophal.

Besonders brutal und unmenschlich ist die Situation offensichtlich in den Gefängnissen, in denen Kurden festgehalten werden. Im Gefängnis von Diyarbakir haben sich etliche inhaftierte Kurden zu Tode „gefastet", und mehrere hundert politische Gefangene befinden sich im Hungerstreik, um gegen die unmenschlichen Haftbedingungen zu protestieren.

Auf die geschätzten acht bis zehn Millionen in der Türkei lebenden Kurden hat es Ankara überhaupt ganz besonders abgesehen. Nach offizieller türkischer Auffassung gibt es keine Minderheiten im Land, also auch keine Kurden, die verächtlich als „Bergtürken" bezeichnet werden. Politisch aktive Kurden werden als „Seperatisten" verfolgt.

Und so heißt es denn auch in einem Geheimerlaß der Kriegsrechtskommandatur von Diyarbakir (dem Zentrum der türkischen Kurden): „Wer sich an Gesprächen in Kurdisch beteiligt und damit den Separatismus unterstützt, stellt eine Gefahr für die türkische Nation dar und wird nach Artikel 1402 des Kriegsrechts angeklagt".

Die Unterdrückung der kurdischen Minderheit in der Türkei hat Ausmaße eines Genozids angenommen, berichtete unlängst der kurdischstämmige Anwalt Husseyn Yilderim in Wien.. Yilderim hatte jahrelang angeklagte Kurden in Diyarbakir verteidigt, wurde daraufhin selbst inhaftiert und bnital gefoltert, nach weltweiten Protesten wieder freigelassen, flüchtete dann aber aus der Türkei, nachdem seine Widersacher selbst vor einem Attentatsversuch nicht zurückschreckten.

Yilderim nennt vier wesentliche Elemente der Repression:

• MilitärischeOperationenin Kurdendörfern, bei denen es zu Plünderungen, Folterungen und Vergewaltigungen kommt.

• Willkürliche Festnahmen, bei denen Kurden in geheime Polizeistationen gebracht, verhört und gefoltert werden.

• Einlief erung von Kurden in die Militärgefängnisse, wo sie gefoltert und jahrelang festgehalten werden.

• Massen-Prozesse gegen politisch aktive Kurden.

Den „Demokratisierungs-Prozeß" in der Türkei wird man in nächster Zeit noch viel mehr daran messen müssen, wie sich Ankara gegenüber der kurdischen Minderheit verhält...

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