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Anonymität überwinden
Selbsthilfe - eine Zauberformel geistert durch die Sozialpolitik. Tatsächlich nehmen auch in Österreich immer mehr Menschen ihr Schicksal und ihre Probleme selbst in die Hand.
Selbsthilfe - eine Zauberformel geistert durch die Sozialpolitik. Tatsächlich nehmen auch in Österreich immer mehr Menschen ihr Schicksal und ihre Probleme selbst in die Hand.
Immer weiter greift der moderne Staat in die Sicherung des Lebensglücks seiner Bürger ein. Der Staat will zuständig sein für alle erdenklichen individuellen Bedürfnisse. Und die längste Zeit wurde von eben diesem Staat auch immer mehr gefordert. Nicht nur für ein ausreichendes soziales Netz mußte Vorsorge getroffen werden. Selbst die Organisation der Freizeit sollten staatliche Stellen übernehmen.
Zugleich mit der gestiegenen Anspruchshaltung der Bürger gegenüber einer — meist anonymen — Bürokratie wuchs aber auch der Unmut der Bürger über eben diese Bürokratie. Die hohen Kosten bei oft mangelnder Effizienz sind die Hauptkritikpunkte.
So begannen einzelne Menschen, sich zusammenzuschließen, sich selbst zu organisieren, sich selbst zu helfen, wo der Staat nur unzulänglich oder gar nicht tätig ist.
Begünstigt werden alle Selbstorganisationsprojekte durch den gesellschaftlichen Wertewandel. So erhob das Dr. Fessel + GfK-Institut in zwei Befragungswellen zwischen 1979 und 1982 die persönlichen Wert- und Zielvorstellungen der Österreicher.
Dabei haben innerhalb von nur drei Jahren soziale gegenüber individualistischen Zielen an Boden gewonnen. Anderen Menschen helfen, für andere Menschen etwas tun, wollten 1979 noch 66 Prozent der Österreicher. 1982
wollten dagegen schon 82 Prozent die soziale Verantwortung stärker betont wissen.
Dazu kommt, daß die Bereitschaft, bestimmte Probleme im Verein mit anderen Bürgern zu lösen und nicht auf die helfende Hand des Staates zu warten, einhergeht mit dem Wunsch nach mehr politischer Partizipation. Tatsächlich ist die Gruppe derjenigen, die aktiv Bürgerinitiativen unterstützen, nahezu ident mit jenen Menschen, die Selbsthilfegruppen initiieren.
Allerdings, so die Fessel-Studie weiter, hängt die Bereitschaft, für sich und für andere etwas zu tun, vom sozialen Status ab und steigt mit Bildung und Einkommen. Personen, die mit den eigenen — vor allem sozialen — Lebensbedingungen eher unzufrieden sind, tendieren dagegen eher zur „sozialen Abstinenz" und zum Rückzug in die Privatheit.
Uberhaupt zeigt die Studie zur „Selbstorganisation", daß die Bedeutung von privaten sozialen Vereinigungen und Aktionsgruppen von den befragten Österreichern überaus hoch eingeschätzt wird: 46 Prozent halten sie für „sehr wichtig" und 44 Prozent für „wichtig".
Und wer bereits in Selbsthilfegruppen tätig ist, für den wird diese Tätigkeit zu einer wesentlichen Komponente seiner persönlichen Lebensqualität und Lebenszufriedenheit.
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