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Rund zwei Drittel der Kosten der nationalen Kampagne in Nicaragua zum Gedenkjahr „500 Jahre Lateinamerika", an die 80.000 Dollar, tragen österreichische kirchliche Organisationen. Diese Zahl nannte ein Teilnehmer am Treffen der CIDSE-Di-rektoren in der vergangenen Woche im Salzburger Bildungshaus St. Virgil. Die CIDSE ist eine internationale kirchliche Entwicklungshilfeorganisation, der mittlerweile Einrichtungen in fünfzehn Mitgliedsländern angehören. Die Abkürzung steht für die französische Bezeichnung „Cooperation Internationale pour le De-veloppement et la Solidarite".

Wie die erwähnte Kampagne in Nicaragua nun konkret aussieht, war zumindest in Salzburg nicht konkret zu erfragen. Jedenfalls geht es um „Bil-dungs- und Anwaltschaftsarbeit". Dafür ein Beispiel aus einem anderen Land: Österreichs Katholische Jungschar hat fleißig Unterschriften gesammelt und mit der den Parlamentariern in Brasilia übergebenen langen Liste immerhin bewirkt, daß letztlich die eingeforderten Rechte der Indios in der Verfassung verankert wurden.

Die Päpstlichen Missionswerke, die Katholische Jungschar, die Frauen-und Männerbewegung, der Österreichische Entwicklungsdienst, die Caritas, die drei Afro-Asiatischen Institute (in Wien, Graz und Salzburg) -insgesamt 26 kirchliche Gruppierungen sind zusammengefaßt in der „Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission" und als solche Mitglieder der CIDSE.

Die Idee zu einer besseren Zusammenarbeit katholischer Entwicklungshilfeorganisationen wurde bereits 1960 auf dem Eucharistischen Weltkongreß geboren, während des Zweiten Vatikanischen Konzils wiederaufgenommen und 1967 mit der Gründung der CIDSE verwirklicht. Erster Präsident war der damalige Erzbischof von Köln, Kardinal Josef Frings. Ein weiteres Gründungsmitglied war Herta Pammer, die langjährige Leiterin der Koordinierungsstelle. Ziel der CIDSE ist ein besserer Informationsaustausch und eine Koordination der Arbeit, um die gesammelten Gelder noch effektiver einsetzen zu können.

Prälat Norbert Herkenrath, Geschäftsführer der deutschen EntWick-lungshilfeorganisation „Misereor", ist Präsident der CIDSE. Er stellte in Salzburg die neuen Projekte CIDSE 2000 und EURO-CIDSE vor, die eine verstärkte Zusammenarbeit der fünfzehn Mitgliedsländer und intensiveren Austausch mit der EG zum Ziel haben: EURO-CIDSE soll die Verbindung zu Ländern der EG vertiefen (das Generalsekretariat der CIDSE befindet sich ja schon in Brüssel), um - zusammen mit der EG-Referentin -gemeinsam Wege zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit und Apartheid zu finden.

CIDSE 2000 soll die Aufgaben der Organisation im Hinblick auf die Anforderungen in der Zukunft beleuchten und Wege noch intensiverer Zusammenarbeit bahnen. An dieser „zukunftweisenden Selbstdarstellung" wird noch eifrig gebastelt.

Die anfangs hohen Erwartungen bezüglich gemeinsamer Unternehmungen aller Mitgliedsländer hätten sich freilich nicht erfüllt, bedauert Helmut Ornauer von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission. Es sei nicht möglich gewesen, ein für alle europäischen Länder akzeptables und verbindliches Aktionsprogramm zu entwerfen. Doch sei das vom argentinischen Nobelpreisträger Adolfo Pe-rez Esquivel für „Misereor" Deutschland entworfene Fastentuch von allen Mitgliedsländern übernommen und mit großen Gewinnen, die wieder in Entwicklungshilfeprojekte fließen würden, weiterverkauft worden.

Weihbischof Florian Kuntner äußerte am Rande der Tagung eine Befürchtung: daß nämlich durch allzu enge Partnerschaften mit Einrichtungen in Entwicklungsländern die Flexibilität verloren gehen könnte, dort einzugreifen, wo die Not am größten sei. Dekanate und Pfarren könnten und sollten Partnerschaften eingehen; Diözesen hingegen, denen weitaus größere Mittel zur Verfügung stünden, müßten weitestgehend offen bleiben und sich nicht ausschließlich an einen hilfsbedürftigen „Partner" binden.

Kuntner sieht als „Dritte-Welt-Bischof" und Präsident der österreichischen Koordinierungsstelle seine Hauptaufgabe darin, die Anliegen der Entwicklungshilfe nach außen hin zu vertreten. So wird er im September am gesamtbrasilianischen Treffen der Basisgemeinden in Santa Maria teilnehmen, zu Bischof Ivo Lorscheiter und den österreichischen Priestern in Ecuador reisen und möglicherweise einen Solidaritätsbesuch beim Nachfolger des legendären Indio-Bischofs Leonidas Proano in Riobamba machen. Dieser wurde wie andere engagierte Geistliche wegen seines Eintretens für die Indios immer wieder mit dem Tod bedroht. Weitere Reisen werden ihn im November nach Pakistan und im Dezember auf die Philippinen führen.

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