6806152-1972_08_10.jpg
Digital In Arbeit

„Arabella“ mit Ensemble

19451960198020002020

Nach „Fidelio“, „Der Fliegende Holländer“, „Don Pasquale“ und „Rusalka“ war die lyrische Komödie „Arabella“ die fünfte Opernpremiere dieser Saison am Linzer Landestheater (außerdem gab es noch Reprisen von vier Operetten). Diese letzte gemeinsame Arbeit von Hofmannsthal und Strauss stellt bedeutende Anforderungen, auch an ein größeres Haus, und erfordert das Zusammenspiel aller vorhandenen Kräfte. Doch scheint man an dieses Teamspiel unter der Leitung des Intendanten Alfred Stögmüller, dem als Chefdramaturg Eberhart Uebe zur Seite steht, gewöhnt. — Hier wurde, unter einem talentierten Dirigenten, noch richtige Ensemble-Oper geboten, auch wenn man sich für die Titelpartie einen Gast von auswärts holen mußte.

19451960198020002020

Nach „Fidelio“, „Der Fliegende Holländer“, „Don Pasquale“ und „Rusalka“ war die lyrische Komödie „Arabella“ die fünfte Opernpremiere dieser Saison am Linzer Landestheater (außerdem gab es noch Reprisen von vier Operetten). Diese letzte gemeinsame Arbeit von Hofmannsthal und Strauss stellt bedeutende Anforderungen, auch an ein größeres Haus, und erfordert das Zusammenspiel aller vorhandenen Kräfte. Doch scheint man an dieses Teamspiel unter der Leitung des Intendanten Alfred Stögmüller, dem als Chefdramaturg Eberhart Uebe zur Seite steht, gewöhnt. — Hier wurde, unter einem talentierten Dirigenten, noch richtige Ensemble-Oper geboten, auch wenn man sich für die Titelpartie einen Gast von auswärts holen mußte.

Werbung
Werbung
Werbung

Diese „Arabella“-Premiere war ein großer Abend nicht nur für die aus Los Angeles stammende Sopranistin Judith Beckmann, die u. a. bei Herbert Graf studiert hat, zuletzt der Hamburger Staatsoper angehörte und ab Herbst 1972 an die Wiener Staatsoper kommen wird, sondern auch für den Dirigenten Peter Lakovich, das Bruckner-Orchester und das gesamte Ensemble.

Der Regisseur Alfred Schönolt hielt sich an die Vorschriften und Empfehlungen der Autoren des Werkes. Dafür sind wir ihm dankbar. Heinz Köttel hat mit bescheidenen Mitteln ein durchaus passables Bühnenbild und hübsche zeitgerechte Kostüme geschaffen. (Wir befinden uns im Jahre 1860, das ist ein volles Säkulum nach dem pompösen „Rosenkavalier“.) Primo loco ist das klangschön und elastisch musizierende, etwa 75 Mann starke Bruckner-Orchester zu nennen, das unter der Leitung Peter Lakovichs Hervorragendes leistete. Weder im Orchesterpart noch bei den Solisten gab es irgendwelche Pannen, die den guten Gesamteindruck gestört hätten. In den Hauptrollen bewährten sich Zdenek Kroupa als Graf Waldner, Helga Wagner als Adelaide, sowie die Herren Baigildin, Lachmann und Wolfrum als Verehrer der schönen Arabella. Stimmlich wohlprofiliert war Conrad Immel als Landedelmann Mandryka und Gun-nar Drago als Jägeroffizier Matteo: der eine baritonale Fülle, der andere tenoralen Glanz ausstrahlend. Ein Glücksfall, wie man ihm selten begegnet, war die jungenhaft schlanke und ausdrucksvoll singende Jean-Anne Teal in der heiklen Doppelrolle Zdenka-Zdenko.

Von der in Spiel und Erscheinung gleichermaßen vollkommenen Judith Beckmann kann man sagen, daß wir seit Lisa Deila Casa keine Bessere in dieser Rolle gesehen und gehört haben. Und damit ist eigentlich schon alles gesagt.

Was einer Strauss-Oper in jedem

Landestheater naturgemäß fehlen muß, ist das Luxuriöse, ist die Atmosphäre eines großen Hauses. Ein solches braucht auch das Orchester, um sich voll entfalten zu können. Provinzielles jedoch war in dieser Aufführung nicht zu entdek-ken, nicht im Ganzen und in kaum einem Detail. Vielleicht neigt man an kleinen Bühnen zu einer gewissen Überzeichnung der Typen und Uberdeutlichkeit der Aktionen. Das sollte man meiden. Andere Mängel sind durch das Budget einer solchen Bühne eher zu erklären als etwa durch mangelnde Akribie.

Provinzielles fanden wir lediglich in einer (auch) in Linz erscheinenden Tageszeitung, deren Premierenankündigung mit folgendem Zitat beginnt: „Lieber Hofmannsthal, ich habe aus Versehen Deine Regieanmerkungen mitkomponiert...“ Einen solchen Brief hat der Komponist nie an seinen Librettisten geschrieben, vor allem aber haben sich die beiden nie geduzt, auch nicht in den letzten Lebensjahren Hofmannsthals. Und auch davon, „daß die avantgardistische Musik von damals an Richard Strauss nicht spurlos vorübergegangen ist“, haben wir den ganzen schönen Abend lang nichts bemerkt.

Nach den einzelnen Akten und am Ende der Aufführung gab es trotz der späten Stunde lang anhaltenden Beifall. „Arabella“ soll in dieser Inszenierung insgesamt fünfzehnmal gespielt werden. Aber wer wird nach Judith Beckmann die Titelpartie zu singen wagen?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung