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Araber-Welt denkt um
Was man vor dem Libanon-Drama noch für unmöglich gehalten hatte, das ist König Hassan II. von Marokko gelungen: die Vereinigung von 19 Mitgliedern der einst 22 Regime einschließenden pan-arabischen Organisation am Konferenztisch; und zwar dies in einer sachlich-konstruktiven Atmosphäre wie nie zuvor während elf vorangegangenen Gipfeltreffen.
Dementsprechend vielversprechend war auch das Ergebnis dieser Konferenz: die „Charta von Fes”, wie sich der bei diesem Gipfel beschlossene arabische Friedensplan nennt — eine Kombination des Bourgiba-, Fahd- und Reaganplanes für Nahost, ist eine durchaus diskussionswürdige Arbeitsgrundlage, heißt es darin doch vom „Recht aller Staaten in der Region, in Frieden zu leben” — also auch das Recht Israels.
Freilich sind die geforderte Räumung aller 1967 von den Israelis besetzten Gebiete inklusive Ostjerusalems, die Beseitigung der jüdischen Siedlungen und die Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates altbekannte arabische Forderungen und schwere Brocken für die Regierung Menachem Begins. Dementsprechend brüsk war auch die Ablehnung Jerusalems, das gewiß auch erst einmal eine Zeit lang zusehen will, wie ernsthaft es den Araberstaaten mit ihrem Friedenseifer wirklich ist.
Trotzdem: Die harte, sture Politik Begins ist kein gutes Omen dafür, daß Israel in nächster Zeit die von den Arabern überaus vorsichtig ausgestreckte Hand zum Gespräch annehmen wird. Jerusalem fordert seinerseits direkte
Friedensverhandlungen.
Im übrigen bereitet die Arabische Liga, deren turnusmäßiger Vorsitzender Arafat ist, eine Delegationsreise nach Washington vor. Sie soll den Reaganplan und die „Charta von Fes” an Ort und Stelle erörtern. Kommt die Fahrt - mit dem PLO-Chef als Spitzenreiter — zustande, dann gehen die Uhren im Nahen Osten anders als zuvor.
Aufgefallen war beim 12. arabischen Gipfeltreffen in Fes, daß es keine anti-amerikanischen Ti-raden gab, aber auch keine Attak-ken gegen gemäßigte, erdölreiche Regime. Überdies stand zu vermerken, daß der irakische Präsident Saddam Hussein — seiner heimatlichen Lage sicher und darum auch reiselustig — bezüglich seines Krieges gegen den Iran aufgrund Artikel 6 der Liga-Charta und Artikel 2 des arabischen Verteidigungspaktes alle Mitglieder zur gemeinsamen militärischen Aktion gegen die Mullahs aufrief.
Zum ersten Mal wurde vor diesem Forum — bei breitester Zustimmung — denn auch eine ultimative und gemeinsame Aktion gegen das islamisch-revolutionäre Persien gefordert. Es geschah dies zur Stunde, da viele Araber die von Teheran getragene islamische Revolution mehr fürchten als irgendwelche israelische Operationen oder amerikanische Winkelzüge.
Gaddafis Mann in der PLO, N. Hawathmeh, Mitglied des radikalen Triumvirates mit Jabril und Habasch, plädiert immer noch für die Wirksamkeit der Kreml-Allianz als Patentrezept für die Palästinensersache. Er träumt auch weiterhin davon, daß von Damaskus aus eine militärische Anti-Is-raelpolitik fortzusetzen wäre, als ob es Beirut niemals gegeben hätte.
Die Akteure dieses Triumvirates sind Fes ferngeblieben. Präsident Assad agierte dort eher maßvoll und fand sich damit ab, daß seine syrische „Friedenstruppe” den Libanon aufgrund eines Ligabeschlusses verlassen soll.
Libyens Oberst Gaddafi — schon während des mißratenen Tripoli-taner Afrikagipfels isoliert — blieb Fes auch deshalb fern, weil seine mit Syrien, Algerien, PLO und Süd-Jemen geschmiedete Ablehnungsfront praktisch zusammengebrochen ist.
Ägypten wurde wegen der Reise Präsident Sadats nach Jerusalem 1978 aus der Arabischen Liga ausgeschlossen, war aber zwischen den Kulissen von Fes diplomatisch stark präsent. Mauretaniens Abwesenheit war im Sinne eines guten Verhandlungsklimas willkommen.
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