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Digital In Arbeit

Arbeit: Freude an Aktivität

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Ist Arbeit Strafe oder Lebensinhalt? Die Gewerkschaften verstärken weiterhin die Tendenz, Arbeit immer teurer und die Arbeitszeit immer kürzer werden zu lassen. Das hat zwar für die Arbeitnehmer den kurzfristigen Vorteil, daß sie mehr verdienen und mehr Freizeit erreichen.

Geht die Entwicklung weiter in diese Richtung, dann verstärkt sich das Gefühl, daß es sich bei der Arbeit um etwas Ärgerliches, Unangenehmes, Störendes handeln müsse. Sie solle daher immer höher bezahlt werden und immer weniger Zeit in Anspruch nehmen. Sie bedeute eine Art Leiden, das dem Menschen hoch abgegolten, das vor allem reduziert werden müsse, soweit es nur möglich sei.

Steht als Endziel dann ein arbeitsfreies und dennoch komfortables Leben vor uns? Karl Marx befindet sich in seinem Aufsatz zur deutschen Ideologie nicht weit von einer solchen Auffassung. Und hat die Bibel nicht nach dem Sündenfall die Vertreibung des Menschen aus dem Paradies ins Reich der Arbeit und der Mühsal eindringlich beschrieben? Ist Arbeit hier nicht als Strafe für Adam und Eva dargestellt? Anderseits waren die Apostel Fischer, Handwerker, und der Apostel Paulus spricht immer wieder nicht nur von der Notwendigkeit, sondern der Gottgefalligkeit und Sinnhaftig-keit der Arbeit. .

In den Klöstern des Mittelalters bis hin zur Gegenwart ist die Arbeit eine Tätigkeit für die

Gemeinschaft, ein entscheidender Teil des Lebensinhalts. Gab es nicht zumindest früher einmal einen kulturellen Auftrag der Gewerkschaften? Waren nicht Volkshochschulen Lehrplätze für Humanität und Bildung? Da wurden Wege gezeigt, wie die damals sehr geringe Freizeit sinnvoll verbracht werden konnte.

Die Humanisierung des Arbeitsplatzes wurde mit der gleichen Intensität angestrebt wie die Verkürzung und bessere Entlohnung der Arbeitszeit. Sind tatsächlich bessere Entlohnung und Verkürzung der Arbeit das allein Ausschlaggebende, wie in den letzten Jahren immer mehr der Anschein erweckt wurde?

Immer mehr scheint die Verbindung von Arbeit und Lebensinhalt, ja Lebensfreude, von Arbeit als sinnvoller Aktivität in Vergessenheit zu geraten und in der Politik allmählich schlicht verlorenzugehen. Wären nicht die gewerkschaftlichen Ansätze hierfür grundlegend neu zu überdenken?

Das Abgleiten ins Nur-Materielle hat im Bereich der Sozialstrategien längst stattgefunden, wird dort nur Verhärtung und weitere Unzufriedenheit hervorrufen. Die Orientierung auf sinnvolle, befriedigende, erfolgreiche Arbeit wäre endlich als Hauptziel zu erkennen. Der Konflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern könnte auf höherem psychologischem und menschlichem Niveau weitaus fruchtbarer geführt werden.

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